20 Minuten - Bern

Was bedeutet der Vormarsch der Rechten für die EU?

In vielen europäisch­en Ländern sind Rechtspopu­listen im Aufwind. Ein Experte ordnet ein, wie sich das auf die Europawahl auswirkt.

- MIKKO STAMM

Es ist die Rede von einem «Superwahlj­ahr»: In über 80 Staaten der Welt sind 2024 Wahlen und Abstimmung­en geplant. Auch in Europa finden wichtige Wahlen statt: Im Juni ist die Bevölkerun­g in den 27 Eu-mitgliedss­taaten dazu aufgerufen, ein neues Eu-parlament zu wählen.

unter welchen Vorzeichen steht die Wahl?

In vielen europäisch­en Ländern sind Eu-skeptische Rechtspopu­listen auf dem Vormarsch. In Italien regiert Giorgia Meloni, in den Niederland­en gewann im November Geert Wilders die Wahlen, und in Deutschlan­d schwingt die AFD in Umfragen obenaus. «Es ist möglich, dass radikale Parteien zu den grossen Gewinnern der Europawahl gehören», sagt der Europaexpe­rte Jonathan Slapin von der Universitä­t Zürich. Das sei auch so, weil gerade Europawahl­en als Protestwah­len gälten, bei denen die Wählenden «ihren Frust» gegenüber ihrer aktuellen Regierunge­n zum Ausdruck bringen würden.

Was bedeutet es, wenn radikale Parteien im Eu-parlament zulegen?

Sollten die politische­n Ränder im Eu-parlament erstarken, werde es für die EU noch schwierige­r, überhaupt Politik zu machen und Kompromiss­e zu finden, ist sich Slapin sicher. «Das Einzige, was die rechtspopu­listischen Parteien eint, ist ihre Eu-skepsis und Antimigrat­ionshaltun­g.» Da das Parlament aber selbst keine Gesetze initiieren könne, würden diese Parteien vor allem Blockadepo­litik betreiben und Gesetze der Kommission verhindern, glaubt Slapin. «Diese Parteien nehmen die EU nicht ernst. Sie benutzen die EU als Bühne, um nationale Politik zu betreiben.»

Was sind die grössten Herausford­erungen der Eu?

«Eine Riesenhera­usforderun­g der EU ist die Aussenpoli­tik», sagt Slapin. Beim geplanten Unterstütz­ungspaket für die Ukraine sehe man schon jetzt, wie schwierig es sei, sich auf eine gemeinsame Politik zu einigen. Auch bei der Klimapolit­ik brauche es eine europäisch­e Lösung, von der die EU noch weit entfernt sei. Auch die Entwicklun­gen in einzelnen Mitgliedss­taaten machten der EU Sorgen. «Dass in Deutschlan­d, dem wichtigste­n Eu-mitglied, die Wirtschaft Probleme hat und die AFD schon von einem Dexit spricht, ist für den Zusammenha­lt in Europa keine gute Entwicklun­g», so Slapin.

Was bedeutet das für die schweiz?

Da für die Beziehunge­n der Schweiz zur EU entscheide­nd sei, wer in der Eu-kommission sitze, habe die Zusammense­tzung des Eu-parlaments keinen grossen Einfluss auf den Verhandlun­gsprozess, sagt Slapin.

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Imago Maximilian Krah, spitzenkan­didat der Afd, bei einer Rede.

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