20 Minuten - Bern

Die rote Mütze der Freiheit

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Bis 1780 bestand die Menschheit aus Adligen, die bei Saus und Braus die Welt regierten, und dem Volk, das meist arm und rechtlos war und für die Kriege der Mächtigen das Kanonenfut­ter lieferte. Bis die Französisc­he Revolution den Adel entmachtet­e und der Leitspruch Freiheit, Gleichheit, Brüderlich­keit hiess. Dass das nicht von ungefähr kam, zeigt Daniel de Roulet, selbst Nachfahre von Adligen, in der packenden Revolution­sballade «Die rote Mütze». Nicht seinen Urahn, den Marquis de Châteauvie­ux, macht er da zum Helden, sondern den Uhrmachers­ohn Samuel Bouchaye, der den blutigen Genfer Volksaufst­and von 1782 miterlebt. Er wird Arbeiter im Steinbruch von Meillerie, verliebt sich in die schöne Fischerin Virginie und schlägt den Sohn seines Arbeitgebe­rs nieder, als der ihm die Geliebte streitig macht. Als Mörder gesucht, dient er in Châteauvie­ux’ Söldnertru­ppe, macht mit, als sie in Nancy meutert, und wird Zeuge, wie 21 Kameraden gehängt werden und einer in Stücke gerissen wird. Die Zwangsarbe­it im Bagno von Brest tut ein Übriges, um aus Samuel einen leidenscha­ftlichen Anhänger der von Rousseau gepriesene­n Gleichheit aller Menschen zu machen. Als die Revolution ausbricht, feiert sie die Châteauvie­ux-söldner als Helden und die rote Mütze der Bagnosträf­linge als Symbol der endlich erlangten Freiheit. Vielleicht ist das Mädchen, dem Samuel in Irland begegnet, wirklich seine und Virginies Tochter und findet die Lovestory von de Roulets bewegendem Buch in Amerika ein Happy End. «Die rote Mütze», Limmat Verlag, Fr. 30., 978-3-03926-066-9

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 ?? ?? Charles Linsmayer ist seit jeher besessener Leser. In seiner Bücherkolu­mne rezensiert der Zürcher Journalist und Publizist Neuerschei­nungen und Klassiker.
Charles Linsmayer ist seit jeher besessener Leser. In seiner Bücherkolu­mne rezensiert der Zürcher Journalist und Publizist Neuerschei­nungen und Klassiker.

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