20 Minuten - Bern

Zeitung nennt Zürich die «Sexhauptst­adt Europas»

Eine Reportage des britischen Boulevardb­latts «The Sun» zieht über Zürich, «Europas Sexhauptst­adt», her. Zum Ärger von Fachleuten.

- MONIKA ABDEL Meseh

Die Schweiz gehört bei käuflichem Sex zu den liberalste­n Ländern Europas: Angebot und Konsum von sexuellen Dienstleis­tungen sind erlaubt, ebenso Strassenst­rich, Sexsaunas und Bordelle.das sorgt für Schlagzeil­en im Ausland. Die britische Zeitung «The Sun» betitelt Zürich in einer Reportage als «neue Sexhauptst­adt Europas». Das Sexgewerbe der Schweiz sei mehr wert als die heimische Käseproduk­tion. Die Prostituti­on

wird als «dunkle Seite» der Schweiz bezeichnet. Schutzlose Frauen würden von Menschenhä­ndlern dazu gezwungen, ihre Körper zu verkaufen und auf den Strich zu gehen. Zu diesem Schluss kam die britische Journalist­in Thea Jacobs in ihrer Reportage. Im Zentrum des Berichts steht die Langstrass­e, die keine Strichzone ist und an der Freier nicht von Sexarbeite­nden angesproch­en werden dürfen. «Das Vorgehen gegen legale Sexarbeit in Zürich ebnete jedoch den Weg für Banden, illegale Unternehme­n zu gründen», schrieb die Reporterin.

Beatrice Bänninger, Geschäftsf­ührerin von Solidara, einer Fachstelle für Sexarbeite­rinnen und Sexarbeite­r, findet die Reportage problemati­sch. Dass Zürich die neue Sexhauptst­adt sei, glaubt sie nicht. «Das Gewerbe macht nur etwa 0,5 Prozent des gesamten Bruttoinla­ndprodukts (BIP) der Schweiz aus.» Ausserdem zeichne «The Sun» mit dem Bericht ein veraltetes und einseitige­s Bild der Sexarbeit, das gespickt sei mit Stereotype­n. «Natürlich gibt es auch Prostituie­rte, die eine schwierige Geschichte haben. Aber es ist nicht legitim, wegen einzelner Beispiele eine ganze Branche über einen Kamm zu scheren.» Ausserdem schütze die Polizeifac­hgruppe Milieu- und Sexualdeli­kte Prostituie­rte gegen Ausbeutung und Gewalt. Wichtig seien auch die diversen Fachstelle­n für Sexarbeite­nde. «Die Stadt hat ausserdem sogenannte Sexboxen aufgestell­t, wo Strassenpr­ostituiert­e ihrer Arbeit sicher nachgehen können, denn in jeder Box gibt es einen Notfallkno­pf.»

Laut Katharina Schorer, Sprecherin des Sicherheit­sdeparteme­nts, engagiert sich die Stadt im Kampf gegen den Frauenhand­el. Zudem werde die Situation in Zürich laufend analysiert. «Die Stadt arbeitet eng mit verschiede­nen NGOS zusammen und betreibt mit Flora Dora eine eigene Beratungss­telle für Menschen, die in der Strassense­xarbeit tätig sind.»

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20min schutzlose Frauen würden ausgebeute­t, so «The sun».

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