Zeitung nennt Zürich die «Sexhauptstadt Europas»
Eine Reportage des britischen Boulevardblatts «The Sun» zieht über Zürich, «Europas Sexhauptstadt», her. Zum Ärger von Fachleuten.
Die Schweiz gehört bei käuflichem Sex zu den liberalsten Ländern Europas: Angebot und Konsum von sexuellen Dienstleistungen sind erlaubt, ebenso Strassenstrich, Sexsaunas und Bordelle.das sorgt für Schlagzeilen im Ausland. Die britische Zeitung «The Sun» betitelt Zürich in einer Reportage als «neue Sexhauptstadt Europas». Das Sexgewerbe der Schweiz sei mehr wert als die heimische Käseproduktion. Die Prostitution
wird als «dunkle Seite» der Schweiz bezeichnet. Schutzlose Frauen würden von Menschenhändlern dazu gezwungen, ihre Körper zu verkaufen und auf den Strich zu gehen. Zu diesem Schluss kam die britische Journalistin Thea Jacobs in ihrer Reportage. Im Zentrum des Berichts steht die Langstrasse, die keine Strichzone ist und an der Freier nicht von Sexarbeitenden angesprochen werden dürfen. «Das Vorgehen gegen legale Sexarbeit in Zürich ebnete jedoch den Weg für Banden, illegale Unternehmen zu gründen», schrieb die Reporterin.
Beatrice Bänninger, Geschäftsführerin von Solidara, einer Fachstelle für Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter, findet die Reportage problematisch. Dass Zürich die neue Sexhauptstadt sei, glaubt sie nicht. «Das Gewerbe macht nur etwa 0,5 Prozent des gesamten Bruttoinlandprodukts (BIP) der Schweiz aus.» Ausserdem zeichne «The Sun» mit dem Bericht ein veraltetes und einseitiges Bild der Sexarbeit, das gespickt sei mit Stereotypen. «Natürlich gibt es auch Prostituierte, die eine schwierige Geschichte haben. Aber es ist nicht legitim, wegen einzelner Beispiele eine ganze Branche über einen Kamm zu scheren.» Ausserdem schütze die Polizeifachgruppe Milieu- und Sexualdelikte Prostituierte gegen Ausbeutung und Gewalt. Wichtig seien auch die diversen Fachstellen für Sexarbeitende. «Die Stadt hat ausserdem sogenannte Sexboxen aufgestellt, wo Strassenprostituierte ihrer Arbeit sicher nachgehen können, denn in jeder Box gibt es einen Notfallknopf.»
Laut Katharina Schorer, Sprecherin des Sicherheitsdepartements, engagiert sich die Stadt im Kampf gegen den Frauenhandel. Zudem werde die Situation in Zürich laufend analysiert. «Die Stadt arbeitet eng mit verschiedenen NGOS zusammen und betreibt mit Flora Dora eine eigene Beratungsstelle für Menschen, die in der Strassensexarbeit tätig sind.»