Fahrlehrer jammern: Darum brechen die Fahrstunden ein
Fahrschulen gehen die Kunden aus. Schuld daran sei unter anderem die gesetzliche Entwicklung.
In den vergangenen vier Jahren schwankte die Zahl der bei den kantonalen Strassenverkehrsämtern abgelegten Führerprüfungen ungewöhnlich stark. Nach den Rekordwerten im Jahr 2021 sanken 2022 die Werte sogar leicht unter das Niveau von 2019. Zudem scheinen Schülerinnen und Schüler immer weniger Fahrstunden zu nehmen, wie verschiedene Fahrlehrer bestätigen. Laut Willi Wismer, Präsident des Zürcher Fahrlehrerverbands, ist die Situation ernst. Auf einen Fahrlehrer kommen laut Wismer im
Schnitt gerade mal 21 Fahrschüler pro Jahr, eine Einbusse gegenüber dem Vorjahr von rund 50 Prozent. «Das reicht nicht, um davon zu leben.»
Michael Gehrken, Präsident des nationalen Fahrlehrerverbands L-drive Schweiz, bestätigte gegenüber 20 Minuten, dass dies eine schweizweite Entwicklung sei. «Generell wird vermehrt mit privaten Autos gelernt und teilweise erst kurz vor der Prüfung ein Fahrlehrer für die Zulassung aufgesucht.» Gründe für die Abnahme der Fahrstunden sieht er unter anderem aber auch in Gesetzesänderungen. Denn: Seit 2019 dürfen nach einer bestandenen Prüfung mit einem Automaten neu auch ohne weitere Ausbildung handgeschaltete Fahrzeuge gefahren werden. Laut Gehrken sinkt die Ausbildungszeit dadurch um vier bis sechs Fahrstunden. Neue Themen wie Fahrassistenzsysteme würden zwar immer mehr dazukommen. «Fakt ist jedoch, dass derzeit wohl weniger Stunden gebucht werden.» Und: Wer seit Januar 2021 den Lernfahrausweis vor dem 20. Altersjahr erwirbt, muss neu eine Lernphase von zwölf Monaten durchlaufen, bevor die Prüfung angetreten werden kann. Das führe dazu, dass junge Fahrschüler häufiger mit Verwandten oder Bekannten üben würden als mit Fahrlehrern. Gehrken ist sich sicher, dass sich durch diese Entwicklung das Fahrniveau auf den Strassen nicht verbessert hat. Mit der gleichbleibenden Erfolgsquote bei der praktischen Prüfung habe das nichts zu tun. «Wer die Prüfung erfolgreich ablegt, kann nicht zwingend sicher Auto fahren.»
Konkrete Forderungen oder Vorschläge, wie man die Situation aus Sicht der Fahrlehrer verbessern könnte, will Gehrken noch nicht machen. Man wolle die laufende Untersuchung des
Ausbildungssystems durch die Astra abwarten. Klar ist aber: «Es muss etwas geschehen.» Entsprechend offen steht man bei L-drive Schweiz deshalb auch einem Ansinnen von Andri Silberschmidt und anderen Jungpolitikern gegenüber, die die einjährige Lernfrist für Junglenker am liebsten wieder abschaffen möchten.