«Wir vertrauen der Regierung nicht – jetzt wählen wir AFD»
In zwei ostdeutschen Kleinstädten ist die AFD die stärkste politische Kraft. 20 Minuten will wissen, was die Menschen vor Ort bewegt.
Die Hauptsorge des jungen Elternpaars Madlen (23) und Philipp (27) ist das Geld. Der Dieselpreis habe sich zum Beispiel fast verdoppelt, so Madlen. Viele Läden mussten schliessen, wie Philipp sagt: «Es fühlt sich an, als ob die Gegend ausstirbt. Es gibt viele Existenzängste.»
Beide wollen bei den Wahlen im September die AFD wählen – Philipp zum ersten Mal. Bisher habe er seine Stimme der FDP gegeben: «Ich habe kein Vertrauen
mehr in die Regierung.» Dieser Frust zeigt sich auch in den Montagsdemos, bei denen sich in den Kleinstädten Bautzen und Görlitz wöchentlich Personen versammeln, die mit dem System unzufrieden sind. Als 20 Minuten vor Ort war, war auch die AFD Sachsen da und verteilte Flyer – sie wird vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft. Das schreckt das junge Paar nicht ab: «Die sagen das, weil die AFD zu gross wird», so Madlen. Ein weiterer Streitpunkt: die Migration. Die Geflüchteten täten ihr leid, sagt sie: «Aber viele benehmen sich daneben.» Beide sagen, sie fühlten sich nicht mehr sicher. Dass das Sicherheitsempfinden abgenommen habe, bestätigt Tobias Sprunk von der Polizeidirektion Görlitz. Die Zahlen würden dem aber widersprechen: «Über die letzten Jahre betrachtet, ist die Kriminalität rückläufig.» Anders ist das bundesweit (siehe Box).
Die AFD wird in Sachsen immer stärker. Diese Entwicklung bereitet Nadia Sorge. Die Afghanin lebt seit 2015 in Bautzen – und erzählt, dass sie wegen ihres Kopftuchs angepöbelt worden sei. «Danach habe ich entschieden: Sie haben Angst vor unseren Kopftüchern, dann muss ich es ausziehen.» Viele ihrer Freunde seien aus Bautzen weggezogen, so Nadia. Auch sie habe darüber nachgedacht, hat sich jedoch dagegen entschieden.
Auch Annabell (17) sorgt sich um den Erfolg der AFD: «Das macht mir Angst.» Anders sieht das Michelle (16): «Wenn die AFD wirklich an die Macht kommt, dann ist das halt so.»