20 Minuten - Bern

Hassredner ausschaffe­n – auch Grüne sind angetan

Die Rechtskomm­ission des Nationalra­ts findet: Ausländer sollen ausgeschaf­ft werden, wenn sie wegen Hassrede verurteilt wurden.

- DANIEL TRÜSSEL/CHRISTOF VUILLE

Vorgeschla­gen wurde die Kommission­sinitiativ­e zur Aufnahme in den Katalog der obligatori­schen Landesverw­eisung nicht etwa von der für ihren restriktiv­en Umgang mit Ausländern bekannten SVP, sondern von Glp-nationalra­t Beat Flach. Auch Svp-nationalrä­tin Barbara

Steinemann ist «völlig überrascht, dass der Vorschlag aus der GLP kam, die normalerwe­ise nicht für Verschärfu­ngen gegen die Zuwanderun­g einsteht», wie sie zu 20 Minuten sagte. Flach selbst sagt, seine Idee hänge mit den Ereignisse­n der vergangene­n Monate rund um den Nahostkonf­likt zusammen. «Gewisse antisemits­che Äusserunge­n haben mich entsetzt», sagt er wohl auch in Bezug auf Äusserunge­n an Pro-palästina-demos. Bei der Umsetzung des Ausschaffu­ngsartikel­s gebe es ein Ungleichge­wicht: «Einbruchdi­ebe werden ausgeschaf­ft, Hassredner nicht.» Eine relativ breite Allianz wolle diese Thematik vertieft anschauen. «Ob die Integratio­n in den Automatism­us der obligatori­schen Landesverw­eisung bei Verurteilu­ng der richtige Weg ist, wird die weitere Arbeit zeigen.»

Während die Mitte-rechtsmehr­heit in der Kommission den Vorschlag annahm, enthielten sich die Grünen ihrer Stimme. «Wir sind nicht per se gegen eine Überprüfun­g des Vorschlags», erklärt der grüne Nationalra­t Raphaël Mahaim. Der Katalog enthalte bereits ähnlich schwere oder leichtere Delikte, weshalb es «keinen Sinn» mache und «nicht erklärbar» sei, dass eine Ergänzung um die Hassrede nicht auch überprüft werde. Problemati­sch sei jedoch, dass die Initiative in ihrer aktuellen Verfassung dazu führen würde, dass jede Verurteilu­ng automatisc­h eine Landesverw­eisung zur Folge hätte. «Das geht für uns klar zu weit», findet Mahaim.

Die Kommission­smitgliede­r der SP stellten sich als Einzige gegen die Initiative. «Ein automatisc­her Landesverw­eis sollte nur bei schweren Verbrechen ausgesproc­hen werden», begründet Min Li Marti ihren Entscheid. Wie bei den Grünen gebe es die Befürchtun­g, dass dieser auch bei geringfügi­geren Delikten zur Anwendung kommen könnte. «Selbstvers­tändlich halten wir Hassrede für ein ernsthafte­s Problem, das auch entspreche­nd geahndet werden muss. Aber es sollte im Verhältnis stehen zur Schwere der anderen Straftaten, die zur Landesverw­eisung führen sollen», so Marti.

Eine Frage, die sich viele Kommission­smitgliede­r stellen, ist, mit wie vielen zusätzlich­en Landesverw­eisungen man rechnen müsste. Ein Blick in die

Kriminalst­atistik zeigt: 2022 wurden 74 Erwachsene wegen Hassrede verurteilt – 19 davon waren Ausländer. Das zuständige Bundesamt für Justiz wollte sich auf Anfrage nicht zum Vorstoss äussern.

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LMS Initiant: Glp-nationalra­t Beat Flach.
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Privat Dagegen: sp-nationalrä­tin Min Li Marti.
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20min/news-scout Antisemiti­sche schmierere­ien in Zürich.

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