Hassredner ausschaffen – auch Grüne sind angetan
Die Rechtskommission des Nationalrats findet: Ausländer sollen ausgeschafft werden, wenn sie wegen Hassrede verurteilt wurden.
Vorgeschlagen wurde die Kommissionsinitiative zur Aufnahme in den Katalog der obligatorischen Landesverweisung nicht etwa von der für ihren restriktiven Umgang mit Ausländern bekannten SVP, sondern von Glp-nationalrat Beat Flach. Auch Svp-nationalrätin Barbara
Steinemann ist «völlig überrascht, dass der Vorschlag aus der GLP kam, die normalerweise nicht für Verschärfungen gegen die Zuwanderung einsteht», wie sie zu 20 Minuten sagte. Flach selbst sagt, seine Idee hänge mit den Ereignissen der vergangenen Monate rund um den Nahostkonflikt zusammen. «Gewisse antisemitsche Äusserungen haben mich entsetzt», sagt er wohl auch in Bezug auf Äusserungen an Pro-palästina-demos. Bei der Umsetzung des Ausschaffungsartikels gebe es ein Ungleichgewicht: «Einbruchdiebe werden ausgeschafft, Hassredner nicht.» Eine relativ breite Allianz wolle diese Thematik vertieft anschauen. «Ob die Integration in den Automatismus der obligatorischen Landesverweisung bei Verurteilung der richtige Weg ist, wird die weitere Arbeit zeigen.»
Während die Mitte-rechtsmehrheit in der Kommission den Vorschlag annahm, enthielten sich die Grünen ihrer Stimme. «Wir sind nicht per se gegen eine Überprüfung des Vorschlags», erklärt der grüne Nationalrat Raphaël Mahaim. Der Katalog enthalte bereits ähnlich schwere oder leichtere Delikte, weshalb es «keinen Sinn» mache und «nicht erklärbar» sei, dass eine Ergänzung um die Hassrede nicht auch überprüft werde. Problematisch sei jedoch, dass die Initiative in ihrer aktuellen Verfassung dazu führen würde, dass jede Verurteilung automatisch eine Landesverweisung zur Folge hätte. «Das geht für uns klar zu weit», findet Mahaim.
Die Kommissionsmitglieder der SP stellten sich als Einzige gegen die Initiative. «Ein automatischer Landesverweis sollte nur bei schweren Verbrechen ausgesprochen werden», begründet Min Li Marti ihren Entscheid. Wie bei den Grünen gebe es die Befürchtung, dass dieser auch bei geringfügigeren Delikten zur Anwendung kommen könnte. «Selbstverständlich halten wir Hassrede für ein ernsthaftes Problem, das auch entsprechend geahndet werden muss. Aber es sollte im Verhältnis stehen zur Schwere der anderen Straftaten, die zur Landesverweisung führen sollen», so Marti.
Eine Frage, die sich viele Kommissionsmitglieder stellen, ist, mit wie vielen zusätzlichen Landesverweisungen man rechnen müsste. Ein Blick in die
Kriminalstatistik zeigt: 2022 wurden 74 Erwachsene wegen Hassrede verurteilt – 19 davon waren Ausländer. Das zuständige Bundesamt für Justiz wollte sich auf Anfrage nicht zum Vorstoss äussern.