«Rechtsextreme Kreise besetzen diesen Begriff»
Laut Marlies Whitehouse, Sprachwissenschaftlerin an der ZHAW, ist «Remigration» ursprünglich ein harmloser Begriff aus dem Lateinischen: «Migrare heisst (aus)wandern, Remigration ist damit die Rückwanderung.» Aber: «Derzeit wird das Wort von Gruppierungen besetzt, die weit rechts politisieren. Das gibt eine Färbung und es findet eine Instrumentalisierung statt.» Sprache beeinflusst laut Whitehouse immer das Denken und Handeln von Menschen. «So auch in diesem Fall und die Sprache kennt hier keine Landesgrenze.» Indem der Kampfbegriff der deutschen Rechten jetzt auch in der Schweiz verwendet werde, werde auch versucht, Einfluss auf die Meinung der Menschen zu nehmen.
Die eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR) hat den Begriff auf dem Radar. «Der Begriff ‹Remigration› wird seit einigen Jahren verstärkt von rechtspopulistischen und rechtsextremen Akteuren genutzt und im Sinne ihrer Ideologie politisch umgedeutet», erklärte Geschäftsführerin
Alma Wiecken gegenüber SRF. In diesem Kontext findet die EKR den Begriff problematisch: «Wenn ‹Remigration› mit dieser Bedeutung in diesem Kontext genutzt wird, ist das als rassistisch einzuordnen.»
Auch Mirjam Eser Davolio, Extremismusforscherin an der ZHAW, findet klare Worte: Es sei in der Tat eine heikle Übertragung eines aktuellen Kampfbegriffs aus rechten Kreisen in Deutschland. «Der Begriff ‹Remigration› ist eine Art Losung zum Ansprechen rechtsgerichteter Kräfte. Dass er auf die Schweiz übertragen worden ist, stellt im Politdiskurs einen Tabubruch dar.» Der Begriff hat laut der Extremismusforscherin zudem eine Doppeldeutigkeit: «Damit kann sowohl erzwungene als auch freiwillige Rückkehr ins Heimatland gemeint werden. Gleichzeitig tönt er deutlich harmloser als seine Synonyme, wenn diese Rückkehr unter Zwang erfolgt, da Abschiebung, Vertreibung oder Deportation deutlich ausgrenzender und gewaltvoller konnotiert werden.»