«Mut, weisse Fahne zu hissen»: Papst verärgert Ukrainer heftig
VATIKANSTADT/KIEW Papst Franziskus ist wegen einer Aussage zum Ukrainekrieg in Teufels Küche geraten: Die Ukraine ist sauer.
Papst Franziskus hat zu Verhandlungen über ein Ende des Krieges in der Ukraine aufgerufen – und ist dabei in ein Fettnäpfchen getreten. «Wenn man sieht, dass man besiegt wird, dass die Dinge nicht gut laufen, muss man den Mut haben, zu verhandeln», sagte der Papst in einem Interview, das am Samstag zu sehen war. «Schämt euch nicht, zu verhandeln, bevor es noch schlimmer wird», fügte er hinzu. Er sei der Ansicht, dass derjenige Stärke zeige, «der die Situation erkennt, der an das Volk denkt, der den Mut hat, die weisse Fahne zu hissen und zu verhandeln», so der Papst weiter.
Das Bild der weissen Fahne, die in Kriegen von Unterhändlern vor sich hergetragen wird, hatte der Journalist zuerst eingebracht, Franziskus nahm den Begriff aber dankbar auf. Häufig wird die weisse Fahne oder Flagge als Symbol für eine Kapitulation verwendet. Genau das brachte die Menschen in der Ukraine auf die Palme.
«Es erscheint merkwürdig, dass der Papst nicht zur Verteidigung der Ukraine aufruft, nicht Russland als Aggressor verurteilt, der Zehntausende Menschen tötet», schrieb der frühere Abgeordnete und Vizeinnenminister Anton Geraschtschenko auf X. Olexander
Scherba, der frühere ukrainische Botschafter in Österreich, nannte den Papst mit einem Bibelwort einen «Kleingläubigen». Offizielle Kiewer Stellen äusserten sich bisher nicht.
Aber auch in Europa gab es
Reaktionen: «Wie wäre es, wenn man zum Ausgleich Putin ermutigt, den Mut zu haben, seine Armee aus der Ukraine abzuziehen? Dann würde sofort Frieden einkehren, ohne dass Verhandlungen nötig wären», schrieb Polens Aussenminister Radoslaw Sikorski gestern auf X. Auch aus Deutschland kam Kritik: Der Papst liefere damit «Russlands Präsident Wladimir Putin eine Blaupause für weiteres Vorgehen», schrieb der Cdu-aussenpolitiker Roderich Kiesewetter auf X.
Vatikansprecher Matteo Bruni erklärte später in einem von «Vatican News» veröffentlichten Statement, dass Franziskus von der «weissen Flagge» gesprochen habe, «um eine Einstellung der Feindseligkeiten zu bezeichnen, einen Waffenstillstand, der mit dem Mut zur Verhandlung erreicht wurde». Er wiederholte den Aufruf des Papstes zu einer «diplomatischen Lösung auf der Suche nach einem gerechten und anhaltenden Frieden» in der Ukraine.