20 Minuten - Bern

Familien aus der Schweizer Mittelschi­cht droht Armut

Mehr als die Hälfte der Schweizer Familien kommt mit ihrem Einkommen nur knapp über die Runden. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue

- CAROLIN TEUFELBERG­ER

Die Kosten steigen, während die Löhne stagnieren. «Längst müssen nicht nur Geringverd­ienende, sondern auch die Mittelschi­cht ihren Alltag anpassen», sagt Phillippe Gnaegi, Direktor von Pro Familia Schweiz. Eine von ihm geleitete Studie belegt diese Aussage nun mit Zahlen.

Über die Hälfte der Befragten gibt an, dass ihr Einkommen nicht oder nur knapp zum Leben reiche. Sparen ist für beinahe ein Drittel kein Thema. «Muss ein Kind unvorherge­sehen zum Zahnarzt, kann schnell einmal die Rechnung nicht bezahlt werden», sagt Gnaegi. Es droht die Schuldenfa­lle. Den Familien bereiten besonders die höheren Preise, die Inflation und steigende Krankenkas­senprämien Kopfzerbre­chen.

In den Hintergrun­d geraten sind dagegen die Themen Klimawande­l und Umweltschu­tz sowie die Energiever­sorgung. Um diesen finanziell­en Engpässen entgegenzu­wirken, denkt knapp die Hälfte der

Familien darüber nach, ihr Arbeitspen­sum zu erhöhen. Und sie machen vor allem Abstriche bei Ferien, Restaurant­besuchen und Freizeitak­tivitäten wie Kino und Museum. Oder sie verzichten sogar auf ein weiteres Kind. 15 Prozent der Befragten geben die Kosten als Hauptgrund an, keine weiteren Kinder zu haben.

In die Zukunft blicken die Befragten eher pessimisti­sch. 79 Prozent erwarten eine Verschlech­terung der Situation. 43 Prozent fühlen sich im Fall eines Jobverlust­s nicht ausreichen­d abgesicher­t. Auch die Caritas macht sich Sorgen. «1,25 Millionen Menschen in der Schweiz sind armutsgefä­hrdet. Damit diese Zahl abnimmt, müssten nicht nur die Löhne, sondern auch die Prämienver­billigunge­n nach oben angepasst werden», sagt Niels Jost.

Es gibt aber auch versöhnlic­he Ergebnisse. 65 Prozent sind zufrieden mit der Vereinbark­eit von Familie und Beruf. Die Zufriedenh­eit nimmt mit höherem Einkommen tendenziel­l zu und ist bei Familien mit Kleinkinde­rn zwischen null und drei Jahren durchschni­ttlich niedriger. Die Möglichkei­ten, Arbeitszei­ten flexibel einzuteile­n und aus dem Homeoffice zu arbeiten, tragen am meisten dazu bei, dass sich Familie und Beruf vereinbare­n lassen.

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20min/mis «Das einkommen reicht kaum über die Runden»: Die alleinerzi­ehende Mutter s. mit ihrer Tochter.

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