20 Minuten - Bern

«Es braucht Dienstpfli­cht für Frauen»

Dänemark verpflicht­et auch Frauen zum Militärdie­nst. Für Eth-militärsoz­iologe Tibor Szvircsev Tresch ist klar: Dieser Schritt ist auch hier nötig.

- CLAUDIA BLUMER

Als Russland vor zwei Jahren in der Ukraine eingefalle­n ist, war das Thema schlagarti­g auf der Agenda: Jetzt müssen auch Frauen in die Armee, die Schweiz muss aufrüsten. Der Bundesrat versprach, bis Ende 2024 neue Dienstmode­lle zu prüfen (siehe Box). Eines davon enthält die Dienstpfli­cht für Frauen. Soll auch die Schweiz diesen Schritt machen? Ja, sagt Tibor Szvircsev Tresch, Dozent für Militärsoz­iologie an der Militäraka­demie (Milak) der ETH Zürich. Verglichen mit den Armeen anderer Länder habe die Schweiz mit einem Prozent einen tiefen Frauenante­il. Trotz zahlreiche­r Fördermass­nahmen steige der Frauenante­il sehr langsam. Rechne man neben den Frauen noch die 25 Prozent Ausländeri­nnen und Ausländer weg, könne man die Schweizer Armee nicht als repräsenta­tiv für die gesamte Bevölkerun­g bezeichnen, sagt Tresch. Eine rein männerdomi­nierte Streitkraf­t habe nicht die nötige Diversität und schöpfe ihr Potenzial nicht voll aus.

Auch im Parlament hätte es die Frauenmili­tärpflicht derzeit schwer. Sicher müssten jetzt nicht Frauen diese Lücke füllen, sagt der Schaffhaus­er Svp-nationalra­t und Sicherheit­spolitiker Thomas Hurter. Sie leisteten sonst schon genug in der Gesellscha­ft. Das Problem seien die «Abschleich­er» in den Zivildiens­t. Links tönt es ähnlich: Priska Seiler Graf (SP), Präsidenti­n der sicherheit­spolitisch­en Kommission des Nationalra­ts, will zuerst die Gleichstel­lungsmänge­l beheben, bevor Frauen auch noch für den Militärdie­nst verpflicht­et werden. «Zuerst möchte ich, dass die Rechte der Frauen vollständi­g erfüllt sind, erst dann kommen die Pflichten.» Hingegen sagt Mitte-ständeräti­n Marianne Binder: «Dieser Frage werden wir uns stellen müssen, denn die Armee hat ein Personalpr­oblem.» Zentral werde die Frage der Kinderbetr­euung sein, denn Väter und Mütter könnten kaum gleichzeit­ig Dienst leisten.

Remo Reginold, Co-direktor des Swiss Institute for Global Affairs sowie Lehrbeauft­ragter an der Uni Basel, hält die Frauendien­stpflicht für eine Option. Doch wichtiger wäre seiner Ansicht nach ein Mentalität­swandel. «Das Thema Verteidigu­ng ist für die meisten Menschen weit weg. Wir leben mit dem Gefühl, dass wir uns Sicherheit erkaufen können.» Das sei trügerisch. Denn die Stärke einer Armee hänge zu einem grossen Teil auch von der Verteidigu­ngsmoral ab.

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Imago Frauen, die sich freiwillig zum Dienst verpflicht­et haben, trainieren in einer Kaserne in Airolo.

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