«Es braucht Dienstpflicht für Frauen»
Dänemark verpflichtet auch Frauen zum Militärdienst. Für Eth-militärsoziologe Tibor Szvircsev Tresch ist klar: Dieser Schritt ist auch hier nötig.
Als Russland vor zwei Jahren in der Ukraine eingefallen ist, war das Thema schlagartig auf der Agenda: Jetzt müssen auch Frauen in die Armee, die Schweiz muss aufrüsten. Der Bundesrat versprach, bis Ende 2024 neue Dienstmodelle zu prüfen (siehe Box). Eines davon enthält die Dienstpflicht für Frauen. Soll auch die Schweiz diesen Schritt machen? Ja, sagt Tibor Szvircsev Tresch, Dozent für Militärsoziologie an der Militärakademie (Milak) der ETH Zürich. Verglichen mit den Armeen anderer Länder habe die Schweiz mit einem Prozent einen tiefen Frauenanteil. Trotz zahlreicher Fördermassnahmen steige der Frauenanteil sehr langsam. Rechne man neben den Frauen noch die 25 Prozent Ausländerinnen und Ausländer weg, könne man die Schweizer Armee nicht als repräsentativ für die gesamte Bevölkerung bezeichnen, sagt Tresch. Eine rein männerdominierte Streitkraft habe nicht die nötige Diversität und schöpfe ihr Potenzial nicht voll aus.
Auch im Parlament hätte es die Frauenmilitärpflicht derzeit schwer. Sicher müssten jetzt nicht Frauen diese Lücke füllen, sagt der Schaffhauser Svp-nationalrat und Sicherheitspolitiker Thomas Hurter. Sie leisteten sonst schon genug in der Gesellschaft. Das Problem seien die «Abschleicher» in den Zivildienst. Links tönt es ähnlich: Priska Seiler Graf (SP), Präsidentin der sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats, will zuerst die Gleichstellungsmängel beheben, bevor Frauen auch noch für den Militärdienst verpflichtet werden. «Zuerst möchte ich, dass die Rechte der Frauen vollständig erfüllt sind, erst dann kommen die Pflichten.» Hingegen sagt Mitte-ständerätin Marianne Binder: «Dieser Frage werden wir uns stellen müssen, denn die Armee hat ein Personalproblem.» Zentral werde die Frage der Kinderbetreuung sein, denn Väter und Mütter könnten kaum gleichzeitig Dienst leisten.
Remo Reginold, Co-direktor des Swiss Institute for Global Affairs sowie Lehrbeauftragter an der Uni Basel, hält die Frauendienstpflicht für eine Option. Doch wichtiger wäre seiner Ansicht nach ein Mentalitätswandel. «Das Thema Verteidigung ist für die meisten Menschen weit weg. Wir leben mit dem Gefühl, dass wir uns Sicherheit erkaufen können.» Das sei trügerisch. Denn die Stärke einer Armee hänge zu einem grossen Teil auch von der Verteidigungsmoral ab.