Wird in Gambia das Verbot der Genitalverstümmelung gekippt?
Könnte bald die Genitalverstümmelung zurückkehren.
Im muslimischen Gambia wird über die Aufhebung des Verbots weiblicher Genitalverstümmelung diskutiert. Das Parlament verwies die Vorlage fürs Erste an einen Ausschuss, der in den nächsten Monaten darüber debattieren soll. Danach sollen die Abgeordneten über die Aufhebung des Verbots abstimmen. Sollte es durchkommen, wäre Gambia das erste Land, das ein Verstümmelungsverbot wieder aufhebt.
Seit 2015 steht in Gambia die weibliche Genitalverstümmelung, auch FGM (engl. für «female genital mutilation») genannt, unter Strafe. Wer gegen das Gesetz verstösst, wird mit bis zu drei Jahren Gefängnis oder einer Geldstrafe von bis zu 50 000 Dalasi (654 Franken) – oder beidem bestraft. Stirbt das Mädchen oder die Frau bei der Verstümmelung, droht eine lebenslange Haftstrafe.
Das Gesetz griff erst Mitte 2023 das erste Mal: Drei Frauen wurden zu einer Geldstrafe von 15000 Dalasi (196 Franken) oder einem Jahr Gefängnis verurteilt. Sie hatten acht kleine
Mädchen im Alter zwischen vier Monaten und einem Jahr beschnitten. Die Verurteilung liess die Debatte um FGM aufflammen und wird als ausschlaggebendes Ereignis für die aktuelle
Entwicklung in Gambia gesehen. Davor ist es gemäss Unicef seit 2015 nur zu zwei Verhaftungen gekommen, jedoch ohne Urteil. Wer will das Verbot aufheben? Der Gesetzesentwurf
zur Abschaffung des Fgm-verbots besagt, dass die jetzige Bestimmung die Rechte der Bürgerinnen und Bürger zur Ausübung ihrer Kultur und Religion verletze. Ein Abgeordneter sagte, das Verbot sei nicht mit der gambischen Verfassung vereinbar. Ein anderer betonte, dass er lieber zurücktrete, als ein Gesetz zu verteidigen, das «meine Mütter und Väter für die Ausübung von FGM verhaften würde». Das Vorhaben geniesst im Parlament, bestehend aus 53 Männern und fünf Frauen, viel Unterstützung: «Fast alle Mitglieder der Nationalversammlung sind für die Aufhebung des Gesetzes – insbesondere die weiblichen Mitglieder der Nationalversammlung», sagte die Parlamentsberichterstatterin Arret Jatt der «Deutschen Welle». Nur vereinzelte Abgeordnete verteidigten das Verbot und wiesen darauf hin, dass es um den Schutz von Frauen gehe.