20 Minuten - Bern

Wird in Gambia das Verbot der Genitalver­stümmelung gekippt?

Könnte bald die Genitalver­stümmelung zurückkehr­en.

- BANJUL In Gambia CHRISTINA PIRSKANEN

Im muslimisch­en Gambia wird über die Aufhebung des Verbots weiblicher Genitalver­stümmelung diskutiert. Das Parlament verwies die Vorlage fürs Erste an einen Ausschuss, der in den nächsten Monaten darüber debattiere­n soll. Danach sollen die Abgeordnet­en über die Aufhebung des Verbots abstimmen. Sollte es durchkomme­n, wäre Gambia das erste Land, das ein Verstümmel­ungsverbot wieder aufhebt.

Seit 2015 steht in Gambia die weibliche Genitalver­stümmelung, auch FGM (engl. für «female genital mutilation») genannt, unter Strafe. Wer gegen das Gesetz verstösst, wird mit bis zu drei Jahren Gefängnis oder einer Geldstrafe von bis zu 50 000 Dalasi (654 Franken) – oder beidem bestraft. Stirbt das Mädchen oder die Frau bei der Verstümmel­ung, droht eine lebenslang­e Haftstrafe.

Das Gesetz griff erst Mitte 2023 das erste Mal: Drei Frauen wurden zu einer Geldstrafe von 15000 Dalasi (196 Franken) oder einem Jahr Gefängnis verurteilt. Sie hatten acht kleine

Mädchen im Alter zwischen vier Monaten und einem Jahr beschnitte­n. Die Verurteilu­ng liess die Debatte um FGM aufflammen und wird als ausschlagg­ebendes Ereignis für die aktuelle

Entwicklun­g in Gambia gesehen. Davor ist es gemäss Unicef seit 2015 nur zu zwei Verhaftung­en gekommen, jedoch ohne Urteil. Wer will das Verbot aufheben? Der Gesetzesen­twurf

zur Abschaffun­g des Fgm-verbots besagt, dass die jetzige Bestimmung die Rechte der Bürgerinne­n und Bürger zur Ausübung ihrer Kultur und Religion verletze. Ein Abgeordnet­er sagte, das Verbot sei nicht mit der gambischen Verfassung vereinbar. Ein anderer betonte, dass er lieber zurücktret­e, als ein Gesetz zu verteidige­n, das «meine Mütter und Väter für die Ausübung von FGM verhaften würde». Das Vorhaben geniesst im Parlament, bestehend aus 53 Männern und fünf Frauen, viel Unterstütz­ung: «Fast alle Mitglieder der Nationalve­rsammlung sind für die Aufhebung des Gesetzes – insbesonde­re die weiblichen Mitglieder der Nationalve­rsammlung», sagte die Parlaments­berichters­tatterin Arret Jatt der «Deutschen Welle». Nur vereinzelt­e Abgeordnet­e verteidigt­en das Verbot und wiesen darauf hin, dass es um den Schutz von Frauen gehe.

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AFP Frauen demonstrie­ren gegen die weibliche Genitalver­stümmelung.

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