20 Minuten - Bern

«Eu-atomwaffen ziehen russischen Erstschlag eher an»

Trump drohte bereits mit dem Nato-austritt, Putin mit einem dritten Weltkrieg. Einige fordern darum eine Eu-atommacht. Wie sinnvoll wäre das? Experte Alexander Bollfrass ordnet ein.

- VALERIA MAZZEO

Kein Schutz mehr durch die USA für Europa? Diese Frage stellen sich angesichts der potenziell­en Wiederwahl von Donald Trump und seiner jüngsten Drohungen einige Nato-staaten im Falle eines russischen Angriffs. Dazu kommen Putins Drohungen eines dritten Weltkriegs. So fordert etwa die Vizepräsid­entin des Europaparl­aments, Katarina Barley, dass Europa atomar aufrüsten solle. Alexander Bollfrass, Senior Researcher am Center for Security Studies der ETH, ordnet ein.

Herr Bollfrass, wie ernst sollte man Trumps drohung nehmen?

Die Worte eines Kandidaten für die Us-präsidents­chaft sind generell ernst zu nehmen. Wir wissen aber, dass Trump schon oft mehr gebellt als gebissen hat. Seine Äusserunge­n sind Ausdruck der seit langem bestehende­n amerikanis­chen Frustratio­n über die mangelnde Bereitscha­ft Europas, in die eigene Verteidigu­ng zu investiere­n.

Wie sollte die Politik mit der drohung umgehen?

Europa sollte in seine Verteidigu­ngsfähigke­iten

investiere­n. Unabhängig vom Ausgang der Us-wahl wird die Sicherheit in Asien für die USA immer wichtiger und schwierige­r zu handhaben sein. Ein starkes, verteidigu­ngsfähiges Europa wird ein willkommen­er transatlan­tischer Partner sein.

Welche tatsächlic­hen Bedrohunge­n bestehen für Europa und auch für die schweiz?

Russland bleibt die grösste und akuteste Bedrohung für Europas Sicherheit. Ein direkter russischer Angriff auf Länder in sicherer Entfernung wie die Schweiz ist zwar äusserst unwahrsche­inlich. Es ist aber zu erwarten, dass Russland seine Angriffe auf die relativ sichere und stabile politische Ordnung in Europa mit verschiede­nen Mitteln fortsetzen wird.

Braucht es Eu-atomwaffen?

Es kann nicht genug betont werden, wie schlecht die Idee einer Eu-atomwaffe ist. Ein Eu-waffenprog­ramm könnte die weltweite Nuklearord­nung gefährden. Sowohl die USA als auch Russland würden sich dagegen wehren. Eu-atomwaffen würden einen russischen Erstschlag eher anziehen als abschrecke­n.

Selbst wenn die USA aus der Nato austreten sollten, würde der Rest des Bündnisses mit zwei nuklear bewaffnete­n Mitglieder­n – Grossbrita­nnien und Frankreich – bestehen bleiben. Die Eu-mitgliedss­taaten würden sich viel mehr Sicherheit erkaufen, wenn sie ihre konvention­ellen, also nicht nuklearen Verteidigu­ngsfähigke­iten über die Nato koordinier­en würden.

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AFP schutz? donald Trump drohte, die Eu fallen zu lassen.
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DPA Katarina Barley fordert, dass Europa atomar aufrüstet.
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Privat Experte Alexander Bollfrass ordnet ein.

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