20 Minuten - Bern

«Wenn Mehl 10 Rappen teurer ist, merken das die Kunden»

Caritas-märkte sind gefragt wie nie. Ein Zeichen, dass immer mehr Menschen an der Armutsgren­ze leben.

- CAROLIN TEUFELBERG­ER

Ein Mann Ende dreissig tauscht sich auf Spanisch mit seinem Cousin aus, während er seinen Blick über das Gemüserega­l schweifen lässt. Dazwischen ertönt in regelmässi­gen Abständen die Stimme der Kassenmita­rbeiterin: «Haben Sie eine Caritas-karte?»

«Zum Einkauf im Markt berechtigt sind Menschen, die am oder unter dem Existenzmi­nimum leben, wirtschaft­liche Sozialhilf­e oder Ergänzungs­leistungen beziehen oder eine Kulturlegi besitzen», sagt Andreas Reinhart, Sprecher von Caritas Zürich. «Seit einigen Jahren steigen die Umsatzzahl­en der Märkte stetig; ein Zeichen, dass dasselbe für die Armutszahl­en gilt.» In den roten Körbchen landen vor allem Milch und Waschmitte­l, auch Öl ist beliebt. Ein Paar füllt seinen Einkaufswa­gen mit frischen Früchten. Gemeinsam mit seiner Frau und zwei Kindern ist er vor zweieinhal­b Jahren aus Honduras in die Schweiz gekommen.

Kinder sind laut Expertin Aline Masé ein klassische­r Risikofakt­or für Armut. «Es klingt hart, aber wer in der Schweiz nicht arm sein will, hat lieber keine Kinder.» Auch wer nicht hier aufgewachs­en sei, habe mehr Mühe, genug zu verdienen. «Ohne Sprachkenn­tnisse und eine anerkannte Berufsausb­ildung ist es schwierig, existenzsi­chernde Arbeit zu finden.»

Frau Gfeller ist in der Schweiz aufgewachs­en. Trotzdem muss sie hier einkaufen. Arm fühlt sie sich deswegen nicht. «Ich lebe zwar am Existenzmi­nimum, bin aber reich an Freiraum und frei von dem Druck, immer mehr besitzen zu wollen», sagt die 62-Jährige.

Wegen der Teuerung sind auch im Caritas-markt die Preise hochgegang­en. «Wir haben diesen Schritt möglichst lange hinausgezö­gert, denn wenn Mehl zehn Rappen teurer wird, merken unsere Kundinnen und Kunden das sofort», so Reinhart.

 ?? 20min/m. Zangger ?? Die Umsätze in den caritasläd­en steigen – die zahl der Armutsbetr­offenen auch.
20min/m. Zangger Die Umsätze in den caritasläd­en steigen – die zahl der Armutsbetr­offenen auch.

Newspapers in German

Newspapers from Switzerland