«Wenn Mehl 10 Rappen teurer ist, merken das die Kunden»
Caritas-märkte sind gefragt wie nie. Ein Zeichen, dass immer mehr Menschen an der Armutsgrenze leben.
Ein Mann Ende dreissig tauscht sich auf Spanisch mit seinem Cousin aus, während er seinen Blick über das Gemüseregal schweifen lässt. Dazwischen ertönt in regelmässigen Abständen die Stimme der Kassenmitarbeiterin: «Haben Sie eine Caritas-karte?»
«Zum Einkauf im Markt berechtigt sind Menschen, die am oder unter dem Existenzminimum leben, wirtschaftliche Sozialhilfe oder Ergänzungsleistungen beziehen oder eine Kulturlegi besitzen», sagt Andreas Reinhart, Sprecher von Caritas Zürich. «Seit einigen Jahren steigen die Umsatzzahlen der Märkte stetig; ein Zeichen, dass dasselbe für die Armutszahlen gilt.» In den roten Körbchen landen vor allem Milch und Waschmittel, auch Öl ist beliebt. Ein Paar füllt seinen Einkaufswagen mit frischen Früchten. Gemeinsam mit seiner Frau und zwei Kindern ist er vor zweieinhalb Jahren aus Honduras in die Schweiz gekommen.
Kinder sind laut Expertin Aline Masé ein klassischer Risikofaktor für Armut. «Es klingt hart, aber wer in der Schweiz nicht arm sein will, hat lieber keine Kinder.» Auch wer nicht hier aufgewachsen sei, habe mehr Mühe, genug zu verdienen. «Ohne Sprachkenntnisse und eine anerkannte Berufsausbildung ist es schwierig, existenzsichernde Arbeit zu finden.»
Frau Gfeller ist in der Schweiz aufgewachsen. Trotzdem muss sie hier einkaufen. Arm fühlt sie sich deswegen nicht. «Ich lebe zwar am Existenzminimum, bin aber reich an Freiraum und frei von dem Druck, immer mehr besitzen zu wollen», sagt die 62-Jährige.
Wegen der Teuerung sind auch im Caritas-markt die Preise hochgegangen. «Wir haben diesen Schritt möglichst lange hinausgezögert, denn wenn Mehl zehn Rappen teurer wird, merken unsere Kundinnen und Kunden das sofort», so Reinhart.