20 Minuten - Bern

Was steckt hinter den Rki-files?

Alternativ­e Medien wittern in den Corona-protokolle­n des Robert-koch-instituts Skandalöse­s. Doch was ist dran?

- JEAN-CLAUDE GERBER/ FEE RIEBELING

Die sogenannte­n Rki-files sorgen derzeit in den sozialen Medien für Aufregung. Zum Thema gemacht wurden sie vom Corona-skeptische­n Onlinemaga­zin «Multipolar», das deren Veröffentl­ichung eingeklagt hatte. Es geht um rund 450 Protokolle von Sitzungen des deutschen Robert-koch-instituts (RKI) aus der Anfangszei­t der Covid-pandemie. Sie spiegeln laut RKI den offenen wissenscha­ftlichen Diskurs wider, in dem verschiede­ne Perspektiv­en angesproch­en und abgewogen wurden.

«Multipolar» behauptet nun, die Rki-files würden zeigen, dass «die im März 2020 verkündete Verschärfu­ng der Risikobewe­rtung

[in Deutschlan­d] von ‹mässig› auf ‹hoch› (...), anders als bislang behauptet, nicht auf einer fachlichen Einschätzu­ng des RKI, sondern auf der politische­n Anweisung eines externen Akteurs» erfolgte. Diesen vermutet «Multipolar» hinter einem geschwärzt­en Namen an der entspreche­nden Textstelle. Doch dafür liefert das Protokoll keine Anhaltspun­kte. Es kann sich praktisch um jeden handeln. Das RKI sagt dazu, «dass hinter der Schwärzung in dem Satz [...] ein Rkimitarbe­iter steht.» Deutschlan­ds Gesundheit­sminister Karl Lauterbach bestätigte diese Aussage.

«Multipolar» behauptet weiter,

die Hochstufun­g sei abrupt erfolgt, «ohne dokumentie­rten Diskussion­s- und Beratungsp­rozess» und «ohne jede Andeutung in den vorhergehe­nden Protokolle­n und ohne dass grundlegen­de Kennzahlen sich massgeblic­h geändert hätten.» Die täglichen Lageberich­te des RKI widersprec­hen dem. Darin ist der rasante Anstieg der bestätigte­n

Fälle dokumentie­rt. Auch handelte das RKI nicht isoliert. Zur gleichen Zeit wurde in vielen Ländern der Lockdown verhängt. Die Rki-protokolle listen etwa das Tessin auf, wo dies am 12. März der Fall war. Die WHO hatte Covid-19 am 11. März zur Pandemie erklärt.

In den sozialen Medien wird auch ein weiterer vermeintli­ch brisanter Eintrag im Protokoll diskutiert. Am 30. Oktober 2020 vermerkte das RKI: «Es gibt keine Evidenz für die Nutzung von Ffp2-masken ausserhalb des Arbeitssch­utzes.» Von Corona-skeptikeri­nnen und -Skeptikern wird die Aussage so ausgelegt, dass das RKI damals Masken für nutzlos gehalten hätte.

Diese Interpreta­tion ist falsch. Laut dem deutschen Epidemiolo­gen Hajo Zeeb gab es damals zwar tatsächlic­h keine wissenscha­ftlichen Beweise für einen Nutzen von FFP2-MASken gegen eine Übertragun­g des Coronaviru­s. Man habe aber gewusst, dass eine Maske bei einem Virus, das durch Aerosole und Tröpfchen übertragen wird, zu einem gewissen Mass helfe.

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RKI Screenshot diese schwärzung sorgte für grosse Aufregung.

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