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Chauffeur (48) überrollte lebensmüde Frau – verurteilt
BIEL. Ein Lenker, der auf der Autobahn eine Frau überfahren hatte, wurde wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Ein Verkehrsexperte nimmt Stellung.
Eine 22-jährige Frau legte sich im Mai 2016 mit Suizidabsicht auf die Autobahn bei Kappelen BE. Obschon der 48-jährige Chauffeur, der die Frau erfasste, nicht schneller als die erlaubten 100 km/h gefahren war, verurteilte ihn das Bieler Regionalgericht wegen fahrlässiger Tötung zu einer bedingten Geldstrafe von 1050 Franken plus Busse von 200 Franken. Auch die Verfahrenskosten von 8000 Franken muss er bezahlen.
Gerichtspräsidentin Elisabeth Ochsner kam zum Schluss, dass er höchstens 60 bis 70 km/h hätte fahren dürfen. «Autofahrer müssen auch auf der Autobahn mit Personen auf der Fahrbahn rechnen», lautete ihr Verdikt.
Verkehrsexperte Peter Förtsch stimmt dem Urteils- spruch zu. Zur Berechnung des Anhaltewegs gebe es eine Faustformel: (Geschwindigkeit in km/h : 10)² + 7. Im Falle des Verurteilten ergibt das 107 Meter. «In Anbetracht der 50 Meter, die durch das Abblendlicht beleuchtet werden, fuhr er also viel zu schnell», folgert Förtsch. Er räumt aber ein: «Auf der Autobahn wird selten korrekt gefahren.» Der Experte glaubt, dass der Mann auch vor dem Obergericht chancenlos bleibt. «Das Urteil ist hart für ihn, aber die Sachlage eindeutig.»
Claudia Hazeraj, Anwältin des Verurteilten, will das Urteil weiterziehen: «Kein Lenker muss damit rechnen, dass sich jemand auf der Autobahn umbringen will.»