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Istanbul: Mann schlägt Frau im Bus, weil sie Shorts trägt
ISTANBUL. Ein Angriff auf eine Studentin und die Reaktion der Polizei geben in der Türkei zu reden.
Er sitzt im Bus hinter ihr, sie schaut nichtsahnend aus dem Fenster. Dann steht der Mann auf – und schlägt der 21-jährigen Studentin in Shorts unvermittelt ins Gesicht. Eine Überwachungskamera hält fest, wie sie ihm noch hinterherrennt, doch er wirft sie im Gang zu Boden und steigt aus. Der Zeitung «Hürriyet» berichtete die Frau, der Mann habe sie, kaum habe sich im Bus vor ihn gesetzt, beschimpft, sie solle sich schämen, sich während des Ramadans derart zu kleiden.
Nach dem Angriff in dem Istanbuler Bus nahm die Polizei den Mann fest und befragte ihn. Dabei gab er an, er habe sich von der Kleidung der Frau «provoziert» gefühlt. Die Folge: Die Polizei lässt den Mann gehen. Der Vorfall und die Freilassung des Angreifers sorgen in der Türkei für Diskussionen.
Frauenrechtler beklagen seit langem eine Zunahme der Gewalt gegen Frauen im Land. Laut der Plattform gegen Gewalt an Frauen wurden 2016 328 Frauen in der Türkei ermordet, allein seit Jahresbeginn waren es 173. Regierungskritiker werfen dem islamischkonservativen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan vor, die Freiheiten der säkularen Bevölkerungsschichten einzuschränken und ihnen seinen Lebensstil aufzuzwingen.
Im letzten Jahr hatte ein Mann bei einem ähnlichen Fall in einem Bus in Istanbul eine Frau getreten, weil sie kurze Hosen getragen hatte. Ihm drohen laut laufendem Gerichtsverfahren neun Jahre Haft.