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«Ist der Whisky gefälscht, halte ich den Kopf hin»

ZÜRICH. Der Whisky für 9999 Franken pro Glas hat das Waldhaus in St. Moritz weltbekann­t gemacht. Der Hotelier über Dekadenz, PR und Wahrheitsf­indung.

- SANDRO SPAETH

Herr Bernasconi, die halbe Welt kennt nun Ihr Hotel. Es heisst auch, der Whisky könnte eine Fälschung sein. Überwiegt Freude oder Angst?

Die Freude überwiegt ganz klar. Dass Medien weltweit über die erstmalige Bestellung unseres 10 000 Franken teuren Whiskys berichten, hätten wir nie gedacht. Als ich später über den Fälschungs­verdacht las, entschloss ich mich sofort, unsere Flasche testen zu lassen. Vor dem Resultat habe ich keine Angst. Ich will die Wahrheit wissen.

Sie lassen den Whisky in Schottland überprüfen. Wie läuft das Verfahren ab?

Normalerwe­ise dauert es vier bis sechs Monate, bis man einen Termin im Speziallab­or erhält. Das Verfahren ähnelt jenem der Altersbest­immung bei Fossilien oder Knochen. Mit dem Test wird aber keine genaue Jahreszahl ermittelt. Er wird Aufschluss darüber geben, ob der Whisky in den 90er-Jahren gefälscht wurde oder ob er viel älter ist.

Der teure Whisky ist für Sie ein gutes PR-Instrument ...

Die Flasche hat uns über die Jahre viel Aufmerksam­keit gebracht. Viele Gäste und alle Journalist­en wollten immer jene Flasche sehen, die wir für 9999 Franken pro Glas auf der Karte hatten. Unser zweitteuer­ster offener Whisky ist ein Macallan von 1940 und kostet 451 Franken pro Glas.

Viele 20-Minuten-Leser sagen, ein Glas Whisky für 10 000 Franken sei dekadent. Was sagen Sie?

Man kann das so sehen. Ich will das aber nicht moralisch bewerten. Viele Leute würden nicht so viel Geld für Whisky ausgeben. Bei solchen Produkten geht es aber nicht nur um den Geschmack. Es geht auch ums Erlebnis. Zudem steigt bei Raritäten der Preis enorm.

Schlägt sich der Medienrumm­el bereits auf Buchungsan­fragen nieder?

Wir haben einige Anfragen mehr erhalten. Es ist aber davon auszugehen, dass uns die Berichters­tattung längerfris­tig hilft. Sollte sich der Whisky als Fälschung herausstel­len, wäre das sicher nichts, womit wir uns profiliere­n können. Aber ich werde als Hotelier den Kopf hinhalten – und der Gast bekommt sein Geld zurück.

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