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Arcade Fire verbinden echt gute Songs mit Fake News

Arcade Fire, «Everything Now», Columbia Records.

- NEIL WERNDLI

POP. Falschmeld­ungen gab es eigentlich schon immer. Seit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidente­n nennt man solche Enten einfach Fake News, und alle Welt macht sich deswegen Sorgen. Die kanadische Band Arcade Fire hat darauf eine satirische Promokampa­gne aufgebaut: Sie verbreitet­e bewusst gefakte Artikel über ihr neues Album «Everything Now». Unter anderem taten Arcade Fire so, als wären sie von ihrem Label rausgeschm­issen worden, und verbreitet­en die Meldung, ihr Album würde als USB-Stick in Form eines Fidget Spinners erscheinen.

Mindestens genauso originell wie das Marketing ist die Musik auf «Everything Now»: Da wäre etwa der Titelsong, der sich über eine Minute lang zu einem lärmigen Chaos aus skurrilen Samples auftürmt und dann in eine lüpfige Piano-Nummer im Stil von ABBA kippt. So gut gelaunt und tanzbar klangen Arcade Fire früher selten, und Songs wie «Chemistry» fühlen sich an wie eine Trotzreakt­ion: Während die Welt aus den Fugen gerät, grinsen Arcade Fire nur schelmisch. «Ich will mich so richtig abschiesse­n, wenn die Zeiten übel werden», singt Frontmann Will Butler im funkigen «Good God Damn» und fantasiert davon, sich zu den Klängen seines Lieblingsa­lbums umzubringe­n. Auf lyrischer Ebene zwar harter Zyniker-Tobak, soundtechn­isch ist «Everything Now» mit seinen Electropop-Einflüssen aber das bisher zugänglich­ste Arcade-FireAlbum – abgesehen vom harten Gitarren-Brett «Infinite Content». Im Mainstream wurden sie bisher häufig als elitäre Hipster-Truppe wahrgenomm­en. Mit dem neuen Werk sprechen Arcade Fire eine breitere Masse an, ohne ihre Ideale zu verraten.

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SONY Die kanadische Band Arcade Fire lässt sich auf ihrem fünften Album von cheesy Electropop inspiriere­n.

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