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«Zurückgesc­hickte Eritreer würde das Regime verfolgen»

BERN. Der Krieg zwischen Eritrea und Äthiopien ist vorbei. Politiker fordern ein Migrations­abkommen. Der Eritreer Negasi Sereke hat Zweifel.

- PASCAL MICHEL

Herr Sereke, nach 20 Jahren Krieg haben Eritrea und Äthiopien ein Friedensab­kommen geschlosse­n. Bürgerlich­e Politiker fordern nun, dass die Schweiz ein Rücküberna­hmeabkomme­n aushandelt. Was halten Sie davon?

Ein Migrations­abkommen mit Eritrea zu fordern, ohne ein glaubwürdi­ges Bekenntnis des eritreisch­en Regimes zum Frieden zu haben, ist unprofessi­onell. Würden Eritreer aus der Schweiz zurückgesc­hickt, würde sie das Regime verfolgen. Denn es weiss: Jene Eritreer, die in der Schweiz Demokratie und Freiheit gesehen haben, werden nicht still sein.

Den eritreisch­en Nationaldi­enst befand das Bundesverw­altungsger­icht im Juli als keinen ausreichen­den Grund, zwangsweis­e Rückschaff­ungen abzulehnen. Sie waren selbst im Nationaldi­enst.

Was halten

Sie vom Urteil?

Ich bezweifle, dass ein Schweizer Gericht Zugang zu objektiven Berichten über die Situation in Eritrea hat, die nicht aus Regimequel­len stammen. Ich war acht Jahre im Nationaldi­enst tätig. In dieser Zeit hatte ich zwei Wochen Ferien. Auch Lohn gibt es keinen. Der Grund, dass ein Schweizer Gericht diese Zustände nicht sieht: Sein Urteil basiert auf einer Fassade, die das Regime dem Ausland vorspielt.

Was meinen Sie konkret?

Einmal besuchten UNO-Beobachter ein Gefängnis, das ich beaufsicht­igte. Plötzlich hatten alle Insassen ausreichen­d zu essen, und man lobte die Zustände. Ein andermal war ich dabei, als Beobachter die Hauptstadt Asmara besuchten. Im Vorfeld hatte man 200 Nationaldi­enstler dazu abdelegier­t, in Cafés zu sitzen und fröhliche Stimmung zu verbreiten.

Warum flüchten immer weniger Eritreer in die Schweiz?

Es hat sich herumgespr­ochen, dass die Schweiz einen härteren Kurs gegenüber eritreisch­en Flüchtling­en verfolgt. Der Exodus aus dem Land geht trotzdem weiter.

Negasi Sereke engagiert sich gegen das eritreisch­e Regime.

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Negasi Sereke (41) lebt seit acht Jahren in der Schweiz.

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