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«Man wird sich hüten, ihn wieder freizulassen»
AARAU. Der forensische Psychiater Ralph Aschwanden geht davon aus, dass die Verwahrung von Thomas N. auch vor Obergericht Bestand hat.
Herr Aschwanden, der Vierfachmörder von Rupperswil geht gegen seine Verwahrung vor. Warum akzeptiert er das Urteil nicht?
Schon im Prozess äusserte Thomas N. die abwegige Vorstellung, wieder Teil der Gesellschaft zu werden. Offenbar sieht er sich nicht als rückfallgefährdet oder glaubt, dass einfach jeder wieder freikommt, der willig an Psychotherapie teilnimmt. Ein Weiterzug jedenfalls spricht gegen ein aktuelles Problemverständnis. Besonders empathielose, psychopathische Täter reizen juristische Mittel maximal aus.
In einem Rechtsstaat ist es normal, dass man ein Urteil anfechten kann.
Er hat das Recht, in Berufung zu gehen – und es schadet auch nicht, wenn sich mehrere Instanzen mit dem Fall befassen müssen.
Warum?
Unsere Justiz ist es sich nicht gewohnt, mit solch schweren Tätern umzugehen, weil das Strafrecht stark auf Reintegration ausgelegt ist. Auch wenn es öffentlich kaum jemand zu sagen wagt: Wohl jeder Jurist und forensische Psychiater erschaudert, wenn man bei so einem Täter das Wort «Reintegration» in den Mund nimmt. Dass nun etwa eine Verlängerung der minimalen Dauer der lebenslänglichen Freiheitsstrafe vorgeschlagen wird, zeigt die Wirkung solcher öffentlicher Prozesse.
Wie schätzen Sie die Chance ein, dass Thomas N. vor Obergericht gewinnt?
Ich rechne nicht damit, dass die ordentliche Verwahrung aufgehoben wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass er irgendwann entlassen wird, ist relativ klein. Man wird sich hüten, ihn freizulassen, denn niemand wird je mit genügender Sicherheit sagen können, was sich hinter seiner
Fassade wirklich verbirgt und dass er nie wieder solche Taten begehen wird.