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Erdogan will «seine Stadt» nicht kampflos aufgeben
ANKARA. Wahlkrimi in der Türkei: Die AKP ficht das Ergebnis von Istanbul und Ankara an. Jubelte die Opposition zu früh?
25 Jahre lang regierten die AKP und ihre islamistische Vorgängerpartei RP unangefochten in Istanbul und Ankara. Jetzt sitzt der Schock tief: Bei den Kommunalwahlen vom Sonntag machte in beiden Städten die zentristische CHP das Rennen. Vor diesem Hintergrund hat die Partei von Präsident Recep Tayyip Erdogan jetzt in Ankara und Istanbul Einspruch gegen abgegebene Stimmen eingelegt. Mit Erfolg: Offenbar will die Wahlbehörde die endgültigen Ergebnisse erst in zehn Tagen verkünden. Damit könnte vieles wieder auf den Kopf gestellt werden – gerade in Istanbul, wo die CHP nur knapp vorne liegt. Hier sei die Marge so klein, dass «Nachzählungen das Ergebnis wirklich noch verändern könnten», sagt Kristian Brakel, Leiter der Heinrich-BöllStiftung in Istanbul.
Möglicherweise hat sich die Opposition also zu früh gefreut. Doch ein Verlust Istanbuls, wo Erdogan einst selbst Bürgermeister war, wäre für die AKP weit schmerzhafter, denn: «Die Stadt macht als Wirtschaftszentrum des Landes zwei Drittel des Bruttosozialprodukts der Türkei aus», so Brakel. «Sollte die AKP Istanbul verlieren, würde vieles hinsichtlich des Patronage-Netzwerks der Partei und des Zuschanzens von öffentlichen Aufträgen wegbrechen.» Bei der Opposition macht sich derweil Unmut breit. Sie fordert, den neu gewählten CHPBürgermeister Ekrem Imamoglu anzuerkennen – bislang vergeblich.