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Sollen Sozialhilfebezüger «geoutet» werden?
BERN. Das Parlament diskutiert, Namen von Sozialhilfebezügern öffentlich zu machen. So wolle man sie besser kontrollieren, kritisiert ein SP-Politiker.
Sollen Vertragspartner und die Öffentlichkeit ohne viel Aufwand erfahren können, ob jemand Sozialhilfe bezieht? Mit dieser Frage befasst sich das Parlament im Herbst. Die Nationalratskommission hat Sozialhilfemassnahmen von der Liste besonders schützenswerter Daten gestrichen. SP-Nationalrat Cédric Wermuth kritisiert: «Das öffnet Tür und Tor für Missbrauch.» Der Staat müsse Armutsbetroffene schützen. Wie deren «Outing» in der Praxis aussehen würde, sei noch nicht definiert. Die politische Idee dahinter ist für Wermuth aber klar: «Sozialhilfeempfänger sollen besser gegängelt werden können. Einige Parlamentarier wollen gar die Informationsbeschaffung für Private erleichtern, zum Beispiel für Vermieter.»
SVP-Nationalrätin Barbara Steinemann widerspricht: «Daten von Bezügern sollen primär zur Analyse verwendet werden.» Etwa um herauszufinden, wieso 90 Prozent der Eritreer Gelder der Sozialhilfe beanspruchten. Auch das Argument der Schutzbedürftigkeit missfällt Steinemann: «Sozialhilfebezüger sind nicht per se das schwache Glied der Gesellschaft. Sicher gibt es solche, die krank sind und auf eine IV-Rente warten, aber eben auch solche, die sich einfach vergeblich um eine Stelle bemühen.»
Für Anwalt Martin Steiger ist es aus rechtlicher Sicht unklar, wieso Sozialhilfebezüger generell als solche erkennbar sein sollten. Missstände in der Sozialhilfe sollten nicht auf dem Rücken der Bezüger gelöst werden.