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Melanie (19): «Ich war bis zu zwölf Stunden am Handy»

Z RI H. Me anie* kämp t gegen ihre Handysucht. werden und Betroffene­n helfen. ie will Psychologi­n

- REMO SCHRANER *Name von der Redaktion geändert

«Letztes Jahr installier­te ich eine App auf meinem Handy. Diese zeigte mir an, wie lange ich am Handy bin. Das Ergebnis: knapp neun Stunden täglich. An den Wochenende­n waren es sogar zwölf Stunden. Dass ich so fest von meinem Handy abhängig bin, war mir gar nicht bewusst.

Für mich war es normal, regelmässi­g die Bilder auf Instagram zu checken, denn ich wollte auf dem Laufenden bleiben. Mehrere Stunden verbrachte ich mit dem Spiel ‹Candy Crush›, und auf Youtube schaute ich Gaming-Videos.

Via Snapchat hielt ich mit meinen neu gefundenen Online-Freunden Kontakt. Die fanden es cool, dass ich immer erreichbar war. Im echten Leben aber zog ich mich zurück. Freundscha­ften pflegte ich keine mehr.

Online war ich eine bessere Version von mir: Ich war selbstbewu­sst und beliebt. Das war toll. Meine Eltern liessen mich einfach machen. Ich wünschte, sie wären strenger gewesen.

Zu meiner Handysucht kam noch eine Depression hinzu. Darum entschied ich mich in diesem Jahr für einen Klinikaufe­nthalt. In den fünf Wochen gab es zwar kein Handyverbo­t, aber ich war nur noch drei Stunden täglich im Internet. Für mehr fehlte die Zeit.

Die Therapien halfen mir, das Positive in meinem Leben zu sehen. Mir wurde bewusst, was für tolle Menschen meine verblieben­en ‹realen› Freunde sind. Sie sind der Grund, warum ich meine Wohnung gern verlasse.

Zurzeit befinde ich mich im Studium. Ich will Psychologi­n werden. So kann ich Leuten helfen, denen es ähnlich ergeht wie mir damals.

Ich bin noch immer süchtig, aber es wird besser. Pro Tag bin ich nur noch zwischen fünf und acht Stunden am Handy.»

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