20 Minuten - Deutschschweiz uberregional
Ex-Botschafter über die Folgen der Abhöraffäre
Ex-Botschafter Tim Guldimann glaubt nicht, dass die Schweizer Aussenpolitik wegen der Spionageaffäre leidet.
Herr Guldimann, Politiker fürchten um den Ruf der neu-tralen Schweiz. Sie nicht?
Ich habe Mühe damit, wenn immer mit der Neutralität argumentiert wird. Hier geht es nicht um Rüstungsgüter, mit Neutralität hat das nichts zu tun. Wir haben immer Angst, dass wir im Ausland nicht mehr geliebt werden. Ich habe keine Angst. Ich glaube nicht, dass die aussenpolitische Arbeit der Schweiz durch die CryptoAffäre belastet wird. Der internationale Aufschrei ist ausgeblieben. War der Export der Chiffriermaschinen unbedenklich?
Es gilt die Handels und Gewerbefreiheit, Verschlüsselungstechnologie unterliegt keiner Exportbewilligung. Firmen können solche Geräte so frei exportieren wie Kleiderbügel. Moralisch war das Geschäft dieser Firma aber höchst verwerflich. Mit den Informationen wurden Kriege beeinflusst. Kann die
Schweiz da noch als neutral bezeichnet werden?
Die Schweizer Hilfe betrifft eine Firma, die von unserem Territorium aus tätig war, nicht den Staat.
Wenn der Staat davon wusste? Dann wäre es kritischer. In dem Fall stellt sich die Frage, weshalb unsere Behörden nichts unternommen haben. Das hätte intern untersucht werden müssen. Man muss immer davon ausgehen, dass alles rauskommt. Behörden können handeln, ohne alles sofort öffentlich zu machen, solange sie nur nichts vertuschen. Am
schlimmsten ist oft, wissend nichts zu tun.