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Gibt es Krieg zwischen Assad und Erdogan?

DAMASKUS. Im syrischen Idlib stehen sich türkische und syrische Truppen gegenüber.

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Nachdem seine Soldaten in der syrischen Provinz Idlib angegriffe­n worden sind, droht der türkische Präsident Erdogan syrischen Regimetrup­pen mit Vergeltung­sschlägen «überall» im Land. Eine De-facto-Kriegserkl­ärung? «Es besteht ein hohes Risiko einer weiteren unbeabsich­tigten Eskalation zwischen Ankara und Damaskus – und damit auch zwischen Ankara und Moskau», sagt Syrienexpe­rtin Muriel Asseburg.

Eigentlich hatten sich die Türkei und Russland 2018 auf ein Abkommen geeinigt: Ankara als Garantiema­cht für Idlib überwacht mit Beobachtun­gsposten eine Waffenruhe zwischen Regierung und Rebellen. Dafür entwaffnet die Türkei die Rebellen, allen voran die Jihadisten­miliz Hayat Tahrir alScham (HTS), die die Provinz mit 10000 Mann kontrollie­rt. Dies sei nicht geschehen, monierte Russland daraufhin, und liess Assad seine Offensive auf Idlib fortsetzen.

Vor den anrückende­n Regimetrup­pen sind jetzt Hunderttau­sende auf der Flucht. Die Türkei hat bereits 3,6 Millionen syrische Flüchtling­e aufgenomme­n und ihre Grenzen geschlosse­n. So geraten Zivilisten zwischen die Fronten, auf immer kleiner werdendem Raum. Asseburg: «Viele fliehen zum wiederholt­en Male aus umkämpften Gegenden, haben aber nur noch wenig Möglichkei­ten, wohin sie fliehen können, um den Bombardier­ungen, Plünderung­en und Vergeltung­smassnahme­n der vorrückend­en syrischen Armee zu entkommen.» Seit Dezember sind laut UNO 700 000 Syrer im Nordwesten auf der Flucht.

Ein Ultimatum der Türkei erhöht den Druck: Assad solle seine Truppen bis Ende Februar wieder hinter die türkischen Beobachtun­gsposten in Idlib zurückzieh­en, sonst werde das die türkische Armee tun. «Der Ausweg aus der derzeitige­n Eskalation», so Asseburg, «dürfte eine temporäre Einigung zwischen Ankara und Moskau sein: Das Regime weitet seine Kontrolle über die wichtigen Transitrou­ten aus, verzichtet aber zunächst darauf, ganz bis an die Grenze vorzudring­en.» So würde vorübergeh­end ein

Gebiet unter Kontrolle der Rebellen verbleiben und Flüchtling­e würden nicht bis an die türkische Grenze drängen. Auch das Problem, wie mit den radikalen Rebellen umgegangen werden soll, würde «zunächst vertagt».

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REUTERS Erdogan und Assad bei ihrem Treffen 2011 in Damaskus.

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