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BAG-Vize Kronig warnt vor Impf-Alleingang

BERN. Warum kann sich die Pharma-Nation Schweiz nicht selbst mit Impfstoff versorgen? BAG-Vizedirekt­orin Nora Kronig nimmt Stellung.

- PASCAL MICHEL

Für Politiker zeigt der Kampf um Impfdosen: Die Schweiz muss selbst entwickeln und produziere­n.

Dass die Schweiz allein einen Impfstoff entwickelt und produziert hätte, ist unrealisti­sch.

«Ohne globale Zusammenar­beit wäre es nie so rasch zu einem Resultat gekommen.»

Viele Rohstoffe hätten aus dem Ausland importiert werden müssen. Ohne globale Zusammenar­beit wäre es nie so rasch zu einem Resultat gekommen. Darf ich ein Beispiel geben? Bitte.

Bei Moderna hat ein Start-up aus den USA die Idee. Lonza im Wallis stellt die Flüssigkei­ten her. Diese werden zum Verpacken von Visp nach Spanien geliefert. Dann kommen sie nach Belgien zum Verteiler. Erst dann kommen die Dosen in die Schweiz.

Trotzdem: Ist das für den Pharma-Standort Schweiz wirklich nicht allein machbar?

Mit Lonza spielt ein Schweizer Unternehme­n eine wichtige Rolle. Das ist ein grosser Beitrag des Standortes Schweiz.

Für die Zusammenar­beit mit Moderna ging Lonza ein grosses Risiko ein. Damals wusste man noch nicht, ob die mRNATechno­logie funktionie­rt. 2013 erklärte der Bundesrat, die eigene Impfstoffp­roduktion sei zu teuer. Ein Kapitalfeh­ler? Die Schweiz betreibt keine Industriep­olitik. Dieses Modell hat sich in der Pandemie bewährt. Die Unternehme­n wurden von selbst aktiv, der Staat sprach Gelder. Die globale Zusammenar­beit war entscheide­nd. Dass die kleine Schweiz die ganze Warenkette kontrollie­ren kann, ist eine Illusion. Die Krise zeigt doch: Wer sicher gehen will, produziert selbst. Nein. Es ist nicht nur die Realität, sondern auch richtig, dass man bei der Impfstoffe­ntwicklung und -produktion nur global zu Lösungen kommt. Wir dürfen nie vergessen, dass die Pandemie global ist. Was nützt es, wenn die Schweiz eine geimpfte Insel ist und andere Länder abgeschnit­ten werden?

Die EU überwacht nun die Exporte ihrer Impfstofff­irmen. Was tut das BAG?

Die Schweiz setzt auf Zusammenar­beit. Sie ist von den EUMassnahm­en gegen die Hersteller nicht betroffen. Ich unterstütz­e die Notwendigk­eit von Transparen­z. Aber in der Lieferkett­e jetzt Impfdosen zu blockieren, würde schlussend­lich auf alle Länder zurückfall­en.

Nora Kronig ist BAG-Vizedirekt­orin und leitet den Bereich Internatio­nales.

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Für Nora Kronig vom BAG ist es richtig, bei der Impfstoffp­roduktion auf globale Lösungen zu setzen.

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