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Mit 18 Jahren fand Ken seine Mutter tot auf
SCHAFFHAUSEN. Ken Schmitt war 18, als er seine heroinabhängige Mutter tot zu Hause auffand. Der 29-Jährige erinnert sich an seine Kindheit.
«Ich bin mit einer heroinabhängigen Mutter gross geworden. Sie konsumierte oft mit meiner zehn Jahre älteren Schwester zusammen. Als Bub schickte sie mich zu ihren Kunden, denen ich eine CD-Hülle mit dem Stoff übergab. Manchmal gingen wir zusammen in die Migros, um Lebensmittel zu klauen, die dann in meinem Schulthek landeten. Es war meine Normalität, und ich freute mich einfach, mit meiner Mutter Zeit zu verbringen. Freunde nach Hause zu nehmen getraute ich mich nicht. Wenn ich nach der Schule nach Hause kam, kam es öfter vor, dass meine Mutter zugedröhnt am Küchenboden lag und ich ihr die Spritze aus dem Arm zog. Während andere Kinder mit ihren Familien Weihnachten feierten, sass ich allein zu Hause. Meine Mutter war Sozialhilfeempfängerin – warum die Behörden nie eingeschritten sind, ist mir bis heute nicht klar.
Dann kam der Tag, an dem meine Welt zusammenbrach.
Ich war 18, als ich meine Mutter tot in der Wohnung fand. Ein Drogenkunde hatte sie erstochen. Ich schrie.
Ich hatte keine Familie mehr, keine Lehrstelle, kein Geld. Von den Behörden wurde ich als Sozialfall eingestuft und auch so behandelt. Zum Essen schickten sie mich in die Gassenküche – zu jenen Leuten, die mit meiner Mutter Drogen konsumierten. Drei Monate später bin ich zusammengebrochen. Ich stand vor der Wahl: Entweder nehme ich mir das Leben, oder ich lasse mich in eine Klinik einliefern. Das war mein Rettungsanker. Ich schloss erfolgreich eine Verkäuferlehre in einem Zürcher Skateshop ab. Das Rollbrettfahren gibt mir Halt. Wenn ich den Teer unter mir spüre, kann
ich von meinen Problemen abschalten. Noch immer habe ich manchmal Angstzustände. Aber es geht mir heute viel besser als noch vor einigen Jahren. Und ich kämpfe weiter, um endlich ein normales Leben in Frieden führen zu können.»
«Ich habe manchmal noch immer Angstzustände, aber es geht mir heute viel besser.»