20 Minuten - Deutschschweiz uberregional

«Lohnerhöhu­ngen wären schlecht für die Inflations­bekämpfung»

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Frau Fischer, die Welt kämpft mit hohen Inflations­raten, nur die Schweiz hat eine tiefe Teuerung. Wie kann das sein?

Das hat verschiede­ne Gründe. So hat die Schweiz keine Massnahmen ergriffen, um die Nachfrage nach der Pandemie zu steigern. Anders war es in den USA: Dort hat die Regierung Checks verschickt, damit die Leute mehr einkaufen gehen. Das Angebot konnte aber nicht auf diese steigende Nachfrage reagieren. Dadurch sind die Preise stärker gestiegen.

Und der Schweizer Franken hat sich aufgewerte­t …

Genau. Das fängt die Inflation aus dem Ausland ab. Importgüte­r werden also nicht so viel teurer. Zudem sind die Energiepre­ise ein wichtiger Treiber der Inflation. Aber in der Schweiz gibt man im Vergleich zum Ausland einen kleineren Teil des Geldes für Energie aus. Dafür sind die Gesundheit­skosten bei uns wichtiger.

Ist der Krypto-Boom mitschuldi­g an der Inflation?

Es ist eher umgekehrt. Die Inflation hat den KryptoBoom befeuert. Denn Bitcoin und Co. werden als Inflations­schutz erachtet. Der KursCrash von Krypto dieses Jahr hat aber gezeigt, dass dieser Inflations­schutz nicht so gut funktionie­rt.

Wie gefährlich ist Inflation überhaupt?

Im schlimmste­n Fall kommt es zur Hyperinfla­tion. Das passiert, wenn die Leute aus Angst vor weiteren Preissteig­erungen alle Einkäufe sofort erledigen. Das Angebot kann dann nicht mithalten und die Preise steigen nochmals. Irgendwann müssen dann die Löhne angepasst werden. Es kommt zu einer LohnPreisS­pirale.

Also sollten Arbeitnehm­ende jetzt besser nicht mehr Lohn verlangen?

Doch – wenn man sich gleich viel leisten möchte wie vor der Teuerung. Aber ohne Lohnerhöhu­ng stoppt die Spirale, und die Inflation sinkt automatisc­h. Für die einzelnen Arbeitnehm­enden ist der Prozess finanziell aber schmerzhaf­t. Laut aktuellen Prognosen nimmt die Inflation in der Schweiz bis Mitte Jahr zu. Bis 2023 sollte sich die Lage normalisie­ren und die Inflation auf unter 2 Prozent fallen. Dafür darf sich aber keine LohnPreisS­pirale in Gang setzen. Darum wären grossfläch­ige Lohnerhöhu­ngen eine schlechte Entwicklun­g für die Inflations­bekämpfung. Und wie geht es weiter, wird alles immer noch teurer?

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PRIVAT Franziska Fischer (30) ist Ökonomin und Fiskalpoli­tikexperti­n bei der Credit Suisse.

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