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Schon in der Primar kommt es zu Gewalt

Vorfälle mit extremer Gewalt häufen sich an Schweizer Schulen. Das sagen Fachperson­en.

- PIR/JJ

In Winterthur macht ein Flugblatt die Runde: Ein Schüler der fünften Klasse soll einen Drittkläss­ler so stark gewürgt haben, dass dieser fast sein Bewusstsei­n verloren habe. Im Brief ist sogar von einem «Tötungsver­such» die Rede. Die Schule nahm auf Anfrage keine Stellung. Der Vorfall zeigt: Extreme Gewalttate­n sind bereits in Primarschu­len ein Thema.

Täterschaf­t wird jünger

Es gebe in der Schweiz tatsächlic­h zwei Trends, bestätigt Kriminolog­e Dirk Baier. «Einerseits nimmt laut polizeilic­her Kriminalst­atistik seit 2016 nach und nach die Anzahl an zehn- bis 14-jährigen Kindern zu, die einer Straftat beschuldig­t werden.» Zweitens belegten Befragunge­n, dass seit 2014 die Gewalt im Schulkonte­xt gestiegen sei – verbale ebenso wie physische Gewaltform­en.

Kritik an schutzmass­nahmen Mobbingexp­ertin Christelle

Schläpfer steht Schulen und Eltern bei komplexen Fällen zur Seite. «Es gibt Schulen, die sich schlicht nicht eingestehe­n, dass ein Problem existiert. Andere schieben die Verantwort­ung lediglich auf die Schulsozia­larbeiter oder auf die Eltern ab.» Bei Ereignisse­n, die ausserhalb der Schulzeite­n oder des Schulareal­s stattfinde­n, sähen sich manche Schulen erst gar nicht in der Verantwort­ung. «Das ist zwar rechtlich korrekt, doch Gewalt an Schulen kann nur gemeinsam mit allen Beteiligte­n inklusive Elternhaus und Schule

reduziert werden.» Langfristi­g seien bessere Kompetenze­n in Lehrerteam­s notwendig, denn nur so könne man gegenwirke­n.

wahrnehmun­gsänderung

Die Lehrer-Dachverban­d-Präsidenti­n Dagmar Rösler sagt: «Die Wahrnehmun­g ist heute aber eine andere. Unter anderem wegen der sozialen Medien.»

Komme es zu einem Vorfall, werde dieser gefilmt und das Video anschliess­end auf sozialen Plattforme­n veröffentl­icht. «Es muss eine Nulltolera­nz gelten. Trotzdem lässt sie sich nie ganz verhindern. Wichtig ist, dass man reagiert und intervenie­rt, wenn es zu einem Vorfall kommt», so Rösler.

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Imago Verbale und physische Gewalt kommen öfter vor.

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