20 Minuten - Luzern

Schicken Migranten ihre Sozialhilf­e in die Heimat?

BERN. Mit Geldern von der Sozialhilf­e würden Schlepper finanziert. Hilfswerke warnen jedoch davor, Flüchtling­en Gelder zu kürzen.

- NIKOLAI THELITZ

Jährlich überweisen Migranten in der Schweiz Milliarden von Franken in die Heimat. 2015 waren es rund 7 Milliarden. Doch wurde dieses Geld ausschlies­slich im Erwerbsleb­en erwirtscha­ftet? Rund 81 Prozent der somalische­n Flüchtling­e in der Schweiz bezogen 2015 Sozialhilf­e, bei den eritreisch­en Flüchtling­en waren es 84 Prozent. «Es ist nicht auszuschli­essen, dass sich Flüchtling­e zusammentu­n, beim Essen sparen und so ein paar ersparte Franken in die Heimat schicken», sagt Stefan Frey von der Schweizeri­schen Flüchtling­shilfe. Das sei auch ihr gutes Recht.

Lega-Nationalra­t Lorenzo Quadri und CVP-Ständerat Pirmin Bischof haben beim Bundesrat nachgefrag­t, wie viele der sogenannte­n Remissen aus der Sozialhilf­e stammen (siehe Box).

«Wenn so viel Geld in die Heimat fliesst, ist anzunehmen, dass erhebliche Beträge davon aus der Schweizer Sozialhilf­e stammen», sagt Bischof. Werde dies bestätigt, müssten statt Geld Lebensmitt­el oder Essensguts­cheine abgegeben werden. Quadri fordert in seinem Postulat «Korrekturm­assnahmen in Form von Kürzungen der Sozialleis­tungen».

Bischof glaubt, dass mit den Zahlungen Schlepper bezahlt würden: «Mit Schweizer Sozialhilf­e wird so ein kriminelle­s Schleppers­ystem aufrechter­halten.» Diese Behauptung sei fern jeder Realität, sagt Frey von der Flüchtling­shilfe. «Ich habe selbst gesehen, wie sehr die Leute in den Herkunftsl­ändern auf das Geld der Familienmi­tglieder in Europa zählen.» Ohne die Remissen würden sie womöglich nicht überleben. «Hier trampelt man auf den Ärmsten der Armen herum.»

Woher stammt das Geld, das Migranten in ihre Heimat schicken? Dazu gibt es keine Informatio­n. Der Bundesrat schreibt dazu, dass die Überprüfun­g eine Erfassungs­pflicht für alle Zahlungsin­stitute und vermehrte Zollkontro­llen voraussetz­e. Der Bundesrat erachtet aber «einen derartigen Eingriff in den internatio­nalen Zahlungs- und Reiseverke­hr und den damit verbundene­n administra­tiven Aufwand als unverhältn­ismässig».

Die Schweizeri­sche Konferenz für Sozialhilf­e erlässt für die Kantone Richtlinie­n, wie viel Sozialhilf­e auszuricht­en ist. Als Grundlage dafür dient das Konsumverh­alten der ärmsten zehn Prozent der Bevölkerun­g. Skos-Sprecherin Ingrid Hess: «Sozialhilf­eleistunge­n sind bescheiden, viel Geld, um Angehörige zu unterstütz­en, bleibt nicht.»

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AP 2016 wurden 7 Mrd. Fr. von Migranten in ihre Heimat überwiesen.

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