Warum nicht überall gleich viele Flüchtlinge arbeiten
BERN. Rund 50 Prozent der Asylbewerber haben im Kanton Nidwalden einen Job. Genf hat dagegen Aufholpotenzial.
Die neue «Integrationsagenda Schweiz» von Justizministerin Simonetta Sommaruga hat das Ziel, mehr Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Heute bestehen grosse kantonale Unterschiede (siehe Box). Mit 45,5 Prozent weist Nidwalden in der Statistik des Staatssekretariats für Migration Ende Mai 2017 die höchste Erwerbsquote anerkannter Flüchtlinge auf. Schlusslicht ist der Kanton Genf (9,4 Prozent).
«Alle anerkannten Flüchtlinge, die können, arbeiten», sagt Roger Dallago, Vorsteher des Nidwaldner Amts für Asyl und Flüchtlinge. Tätig seien sie in den verschiedensten Berei- chen, vom Gastgewerbe über den Pflegebereich bis zum Autogewerbe. Das Erfolgs- rezept: «Einen Flüchtling muss man gut ‹verkaufen›. Wir führen dem Arbeitgeber das Poten- zial vor Augen.» Nathalie Riem, Sprecherin des Genfer Migrationsamts, begründet die tiefe Erwerbsquote in Genf mit einem Informationsmangel. «Manchmal wissen die Arbeitgeber nicht, dass sie vorläufig aufgenommene Personen anstellen können.» Auch spielten bürokratische Hindernisse und der Steuerabzug von zehn Prozent auf den Lohn von Personen mit F-Ausweis eine Rolle.
«Je ländlicher und alemannischer ein Kanton ist, desto höher ist die Erwerbsquote von Flüchtlingen», sagt Integrationsexperte Thomas Kessler. Grund sei der Gemeinsinn in den Dörfern. Die Leute würden einander kennen, die Behörden und Arbeitgeber. Die Bürger reagierten auf Gemeindeaufgaben pragmatisch. «Man will nicht, dass die Leute der Gemeindekasse auf der Tasche liegen.»