«Schmächtige Männer leiden in der Badisaison»
ZÜRICH. Zu klein, zu wenig muskulös: Weil sie mit ihren Körpern unzufrieden sind, trauen sich Männer nicht mehr in die Badi.
Das Sommerwetter lockt die Leute in Scharen in die Badi. Für manche wird der Gang dorthin allerdings zur Pein – weil sie sich in ihrem Körper nicht wohlfühlen.
Laut Fachleuten schämen sich längst nicht mehr nur Übergewichtige für ihren Körper. Psychologin Erika Toman sagt, auch «Frauen mit einem kleinen oder grossen Busen und magere, nichtmuskulöse Männer» hätten Hemmungen. So passiere es auch, dass sich deswegen Jugendliche nicht getrauten, baden zu gehen.
Brigitte Rychen von der Fachstelle Pep (Prävention Essstörungen praxisnah) bestätigt, dass viele Jugendliche zwischen 14 und 18 während der Badisaison darunter litten, keinen Adonis-Körper zu haben: «Dabei kommt es im Wachstum häufig vor, dass Buben etwas schmächtig sind.» Sie würden gehänselt – manche würden darum das T-Shirt nicht mehr ausziehen.
Laut Pep-Psychologe Roland Müller ist der Druck, einen makellosen Körper zu haben, inzwischen bei Män- nern ebenso gross wie bei Frauen. Bodyshaming könne dazu führen, dass Männer in eine Muskelsucht oder Essstörungen getrieben würden. Das Rollenbild werde medial geformt: «Früher waren die Superhelden nicht nur hyper- muskulöse Männer.» Heute werde man in sozialen Medien und in der Werbung mit solchen Bildern überflutet.
Beatrix Wagner, Beraterin bei der Jugendhotline 147 von Pro Juventute, erinnert junge Männer daran, dass viele Bil- der auf Instagram bearbeitet sind. Im echten Leben sei nicht alles perfekt. «Wir versuchen den Jugendlichen, die Probleme mit ihrem Körper haben, aufzuzeigen, dass man sich auch so wohlfühlen kann. Geht einfach baden!»