Vatikan beurlaubt Kardinal – wegen Missbrauchsanklage
ROM. Kardinal George Pell soll sich nackt Knaben gezeigt haben – deshalb muss er in Australien vor Gericht erscheinen.
Wegen eines Missbrauchsverfahrens hat der Vatikan einen seiner ranghöchsten Mitarbeiter vorerst vom Dienst freigestellt. Finanzchef George Pell (76) kündigte gestern seine Rückkehr nach Australien an, wo er sich den Vorwürfen stellen will. Zuvor hatten die australischen Behörden ein Ermittlungsverfahren wegen sexuellen Missbrauchs eingeleitet und Pell vorgeladen.
Der Vatikan stellte sich hinter den Kurienkardinal, der die inoffizielle Nummer drei in der Kirchenhierarchie ist. An einer Pressekonferenz bezeichnete sich Pell als Opfer einer «unerbittlichen Rufmord-Kampagne» und kündigte an, sich gegen die Vorwürfe zu verteidigen. «Ich bin unschuldig», betonte er. «Die Vorstellung sexuellen Missbrauchs ist mir zuwider.»
Der Vatikan äusserte «Respekt» vor dem australischen Justizsystem. Gleichzeitig erinnerte er daran, dass Pell als Bischof in Australien ein System zum Schutz von Minderjährigen eingeführt hat. Australischen Medien zufolge wird Pell von zwei Männern bezichtigt, sie Ende der 70er-Jahre missbraucht zu haben. Zudem soll er sich in den 80er-Jahren nackt vor drei Jungen gezeigt haben. Der katholische Geistliche wurde für den 18. Juli zu einer gerichtlichen Anhörung in Melbourne vorgeladen. Es ist das erste Mal, dass gegen einen derart ranghohen Würdenträger im Vatikan wegen Missbrauchsvorwürfen ermittelt wird.