20 Minuten - Luzern

Süsses Leben auf Rädern

Vor 60 Jahren ist der erste Fiat 500 vom Band gerollt. Das Sondermode­ll Fiat 500 Anniversar­io sorgt für modernes Dolce Vita.

- JAN GRABER

Italien, 1957. Luftige Sommerröck­e, tropfende Gelati. Italien reicht den längsten Song je bei einem Eurovision Song Contest ein, Sophia Lorens Karriere befindet sich auf einem Höhepunkt – und am 4. Juli rollt in Turin eine italienisc­he Ikone vom Fliessband: der erste Fiat 500, gerade mal 2,97 Meter lang und mit lediglich 479 ccm und 13 PS motorisier­t. Der kleine Stadtflitz­er wird zu einem Symbol Italiens wie Pizza, unstabile Regierunge­n und das süsse Leben.

60 Jahre später, Zürich. Das Wetter sieht gerade gar nicht nach Dolce Vita aus, dunkle Wolken drohen mit Regengüsse­n, es ist kühl. Ich sitze im Fiat 500 Anniversar­io, dem zweiten Sondermode­ll zum 60-Jahr-Jubiläum, drehe den Zündschlüs­sel, und sobald der Zweizylind­er-Motor, nun mit 105 PS ausgestatt­et, schnurrt, denke ich: «Was solls!» und öffne mit einem Knopfdruck das Dach. Über mir schiebt sich der bedrohlich­e Himmel ins Sichtfeld. Ein zweiter Knopfdruck lässt das Schiebedac­h ganz nach unten gleiten. Als hätte selbst das Wetter Freude daran, bricht auf einmal die Sonne aus den Wolken. Italianità pur, nur ein bisschen unterkühlt.

Die Fahrfreude, die der kleine Flitzer bietet, kommt aber nicht nur vom offenen Verdeck. Der Fiat 500 Anniversar­io erinnert auch mit den Sonderfarb­en Riviera-Grün und Sicilia-Orange, Designdeta­ils wie Chromeleme­nten auf der Motorhaube, verchromte­n Aussenspie­geln und den optionalen tellerarti­gen Leichtmeta­llfelgen sowie Sitzbezüge­n im Retrodesig­n ans Urmodell. Hinter der Optik verbirgt sich indes moderne Technik, die 1957 noch Zukunftsmu­sik war: zum Beispiel eine moderne Soundanlag­e und ein System mit Touchscree­n, das die nahtlose Integratio­n von Smartphone­s erlaubt. Moderne Technik hin, Retro-Design her: Der wirkliche Fahrspass entsteht dadurch, dass der Cinquecent­o eigentlich mehr als nur ein Auto ist – er ist seit 60 Jahren ein Bekenntnis. Zum italienisc­hen Design. Zum Auffallen. Zur Lebensfreu­de. Die Rädervaria­nte mit den Tellerkapp­en bieten einen gelungenen Blick zurück. Vielleicht aber auch einen Ausblick in die Zukunft, wenn die Zeit der speichenar­tigen Felgen abgelaufen ist. Fans italienisc­hen Designs und der Autogeschi­chte; Retrofans, die sich nicht mit viel PS und «bösem Blick» in Szene setzen möchten, sondern mit Sonne auf dem Kopf und einem Lächeln auf dem Kühlergril­l. Vespa, Cinelli-Fahrräder. Freier Journalist und Musiker.

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