Ab nächstem Jahr machen Handys Billette überflüssig
BERN. Apps ersetzen in Zukunft die Papierbillette. Wichtige Funktionen fehlen aber – und Teile der Branche zweifeln.
Ab 2018 ist es möglich, ohne Ticket in einen Zug, einen Bus oder ein Tram einzusteigen. Stattdessen können Pendler in Handy-Apps ein- und auschecken. Am Ende des Tages wird automatisch der günstigste Tarif für die zurückgelegten Fahrten verrechnet. Gestern gab die ÖV-Branche bekannt, dass sie sich auf gemeinsame technische Standards geeinigt hat. Sie werden bis Ende September getestet und sorgen dafür, dass alle Apps auf dieselben Preise zugreifen und die Kontrollen überall funktionieren.
Am Test mit der App Lezzgo plus dürfen nur 200 Nutzer mitmachen. Noch trauen nicht alle Betriebe der Technik. Sie wollen keine hohen Verluste in Kauf nehmen, wenn die Aufzeichnung nicht funktioniert und Reisen nicht abgerechnet werden. Die Verantwortlichen von SBB, BLS und Postauto zeigten sich gestern optimistisch, dass der Test positiv verläuft. Schon heute können Apps wie Lezzgo oder Fairtiq in Teilen der Schweiz genutzt werden. Ab 2018 sollen sie in der ganzen Schweiz funktionieren.
Die SBB hat angekündigt, die Abrechnungsfunktion in ihre eigene App einzubauen. Noch fehlen einige Möglichkeiten: Das Halbtax kann nicht hinterlegt werden und muss weiterhin separat vorgezeigt werden, und die Apps brauchen viel Akku-Leistung. Das werde sich mit dem Wettbewerb unter den Apps bessern, sagen die Verantwortlichen.
Die Ticketautomaten der SBB empfangen Kunden zurzeit mit einer speziellen Werbeanzeige: Auf den Monitoren prangt das Logo des USStreamingriesen Netflix. Die SBB erklärt, dass neuerdings auch Guthaben für das Filmund Serienportal am Automaten gekauft werden können. Offiziell gibt die Bahn keine Auskunft zu den Preisen. Auch dazu, ob und wie viel Kommission pro Verkauf anfällt, sagt SBB-Sprecher Reto Schärli nichts. An jedem der 1460 Automaten ist ausserdem der Bezug von Netflix-Geschenkkarten möglich. Das Guthaben kann man dabei online mittels PIN-Code nutzen.
Auch auf Gamer zielt die SBB ab: Seit Mitte Juni vertreibt sie über ihre Automaten Geschenkkarten von Nintendo und Sony. Die Angebote seien fest ins Sortiment aufgenommen worden, sagt Schärli. Laut Angaben der SBB benutzen jede Woche 1,4 Millionen Menschen einen Ticketautomaten. Seit Ende 2016 vertreibt die Bahn an ihren Automaten auch die Kryptowährung Bitcoin.