280 Tage lang IS-Folter – «Attacken auf Europa waren ständig Thema»
BERLIN. Masoud Aqil überlebt die Qualen in IS- Haft, gelangt nach Deutschland – und stösst wieder auf IS-Anhänger.
Bewaffnete IS-Kämpfer kidnappen am 15. Dezember 2014 den kurdisch-syrischen TV-Journalisten Masoud Aqil und seinen Kollegen nahe der nordsyrischen Stadt Qamishli. «Von da an begann der Albtraum», sagt der 24-Jährige im Gespräch mit 20 Minuten. 280 Tage hält ihn die Terrormiliz gefangen. Folter gehört zu diesem Alltag dazu. «Sie haben uns kopfüber an der Decke aufgehängt, uns geschlagen – mit Knüppeln und Kabeln. Immer wieder Scheinexekutionen. Das Ziel der Bastarde war erst einmal quälen, nicht töten.»
Die schreckliche Zeit nutzt Aqil, wenn er kann, als Chance. Immer wieder hätten IS-Kämpfer sich mit ihren Taten und Vorhaben vor ihm gebrüstet. «Sie glaubten wohl, ich würde sowieso getötet, und sprachen sehr offen. Anschläge in Europa waren ständig Thema. Sie sprachen davon, Leute nach Frankreich und Deutschland zu schi- cken», sagt er. Im Herbst 2015 kommt Aqil bei einem Gefangenenaustausch frei und flüchtet nach Deutschland – und macht eine schockierende Entdeckung: Viele seiner Pei- niger sind ebenfalls da. Aqil recherchiert Tag und Nacht, wobei sich sein Wissen aus der ISHaft als wertvoll erweist. Bald hat er eine Liste zusammen: Es sei unglaublich, wie offen viele Radikale in Deutschland und Europa Propaganda betreiben würden, sagt Aqil. «Ich kenne Dutzende solcher Profile. In Deutschland, in Europa, leben mehr islamistische Terroristen, als wir ahnen.»
Seine gesammelten Informationen über JihadVerdächtige hat er an die deutschen Behörden weitergegeben – ein «Informationsaustausch», so Aqil. Seine Geschichte zu teilen, sehe er als seine Aufgabe an. «Es tut weh, aber ich will nicht schweigen – ich kann nicht schweigen.»