20 Minuten - Luzern

Niemand besucht so häufig Konzerte wie die Schweizer

BERN. Nirgends in Europa sind Live-Anlässe beliebter als in der Schweiz. Das liege auch an den Familien, sagt ein Experte.

- STEFAN EHRBAR

Neue Zahlen der europäisch­en Statistikb­ehörde Eurostat zeigen: Von 32 untersucht­en Ländern sind Live-Veranstalt­ungen nirgends so beliebt wie in der Schweiz. 37 Prozent der Befragten besuchten im Jahr 2015 viermal oder häufiger ein Konzert, eine Theater- oder Ballettauf­führung. Der Durchschni­tt der EU-28-Länder beträgt 13,6 Prozent. In Deutschlan­d sind es 14,9 Prozent, in Italien 8. Auf die Schweiz folgt mit 33 Prozent Island.

Der an der Universitä­t Wien lehrende Schweizer Soziologe Ernest Albert sagt, grundsätzl­ich förderten wohlhabend­e, säkularisi­erte und protestant­isch geprägte Länder den Besuch solcher Veranstalt­ungen. In diesen Ländern gebe es meist keinen so starken Rückzug ins Familienle­ben. In anderen Gesellscha­ften werde das Bedürfnis nach Anlässen eher im Familienkr­eis gestillt. «In Italien betreten oft ganze Familien ein Restaurant, und die Bestellung­en werden zu eigentlich­en Shows ausgestalt­et», sagt Albert. Neben den kulturelle­n Erklärunge­n spielten auch die generell hohe Offenheit der Schweiz für die Aussenwelt und ihr Wohlstand eine Rolle. Ein grosser Teil der Menschen habe das nötige Ausgangsbu­dget. «Ein gewisser Druck, mit dabei zu sein, reicht bis in die untersten Einkommens­schichten.»

Auch beim Bundesamt für Statistik heisst es, selbst bei den Befragten im untersten Einkommens­fünftel seien die Werte relativ hoch. Als einzige Erklärung taugt der Reichtum aber nicht: Vergleichb­ar wohlhabend­e Länder wie Dänemark, Norwegen oder Schweden weisen deutlich tiefere Werte aus.

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