Niemand besucht so häufig Konzerte wie die Schweizer
BERN. Nirgends in Europa sind Live-Anlässe beliebter als in der Schweiz. Das liege auch an den Familien, sagt ein Experte.
Neue Zahlen der europäischen Statistikbehörde Eurostat zeigen: Von 32 untersuchten Ländern sind Live-Veranstaltungen nirgends so beliebt wie in der Schweiz. 37 Prozent der Befragten besuchten im Jahr 2015 viermal oder häufiger ein Konzert, eine Theater- oder Ballettaufführung. Der Durchschnitt der EU-28-Länder beträgt 13,6 Prozent. In Deutschland sind es 14,9 Prozent, in Italien 8. Auf die Schweiz folgt mit 33 Prozent Island.
Der an der Universität Wien lehrende Schweizer Soziologe Ernest Albert sagt, grundsätzlich förderten wohlhabende, säkularisierte und protestantisch geprägte Länder den Besuch solcher Veranstaltungen. In diesen Ländern gebe es meist keinen so starken Rückzug ins Familienleben. In anderen Gesellschaften werde das Bedürfnis nach Anlässen eher im Familienkreis gestillt. «In Italien betreten oft ganze Familien ein Restaurant, und die Bestellungen werden zu eigentlichen Shows ausgestaltet», sagt Albert. Neben den kulturellen Erklärungen spielten auch die generell hohe Offenheit der Schweiz für die Aussenwelt und ihr Wohlstand eine Rolle. Ein grosser Teil der Menschen habe das nötige Ausgangsbudget. «Ein gewisser Druck, mit dabei zu sein, reicht bis in die untersten Einkommensschichten.»
Auch beim Bundesamt für Statistik heisst es, selbst bei den Befragten im untersten Einkommensfünftel seien die Werte relativ hoch. Als einzige Erklärung taugt der Reichtum aber nicht: Vergleichbar wohlhabende Länder wie Dänemark, Norwegen oder Schweden weisen deutlich tiefere Werte aus.