Giftschlangen-Alarm: Gegengift geht aus
GENF. Giftige Schlangen töten pro Jahr Tausende Menschen. Das Fatale: Es gibt weltweit kaum noch wirksames Gegengift.
Ein Schrei, ein giftiger Taipan und David Williams ringt um Atem. Das Tier hat zugebissen, der Schlangenexperte fällt ins Koma. Eine etwa 1600 Franken teure Spritze mit Gegengift rettet ihm das Leben. Für mehr als 100 000 Menschen im Jahr hingegen endet ein Schlangenbiss tödlich. Weltweit fehlt Antiserum. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Alarm geschlagen, und Williams hilft ihr mit seiner Expertise, die Produktion von sicheren Gegengiften anzukurbeln.
Das ist dringend nötig: In Afrika wurden manche Märkte über Jahre mit kaum wirksa- men Gegengiftmedikamenten aus Asien überschwemmt. So ging der Markt kaputt.
Dabei ist Gegengift nicht gleich Gegengift. Wenn ein asiatischer Taipan zubeisst, hilft nur ein Mittel, das aus den Giftkomponenten derselben Tierart hergestellt wurde. Serum aus dem Gift indischer Nattern bewirkt in Afrika hingegen wenig. Dort ist das Problem besonders gross, weil es kein einziges adäquates Mittel gibt. Bis zu 30 000 Menschen sterben jedes Jahr an Schlangenbissen.
Auch Indien ist in Nöten. Da wird zwar Gegengift hergestellt, aber: «Viele Produkte sind von zweifelhafter Qualität», sagt Williams. Mindestens 50 000 Menschen sterben dort im Jahr nach Schätzungen. Die WHO arbeitet derzeit an Richtlinien für die sichere Produktion wirksamer Mittel und lässt nun auch selbst Mittel testen. Zudem hat sie
Schlangenbisse auf die Liste der vergessenen tropischen Krankheiten gesetzt, was die Aufmerksamkeit für die Misere erhöht.