«Deutsche Flüchtlingspolitik hat Sicherheit dramatisch verschlechtert»
geschickt wurde.
Sie gehen von einem direkten Befehl von Syrien aus?
Zumindest gibt es bei fast allen Anschlägen in Europa seit 2014 einen direkten Kontakt zum IS, meist über verschlüsselte Programme wie Telegram.
Was weiss man über die Befehlsgeber in Syrien und im Irak?
Diese Personen gehören regelrechten Einheiten des IS an, die sich um die Herstellung von Kontakten kümmern und dafür sorgen, dass die IS-Leute in Europa trotz fehlender militärischer Ausbildung an- geleitet werden, einen Anschlag zu verüben.
Wie kommt man im IS-Gebiet an sie heran?
Es gibt zumindest in Deutschland eine ganze Reihe von Gerichtsverfahren, in denen Verbindungen zwischen vermeintlichen Attentätern und Hintermännern eine wichtige Rolle spielen. Bei diesen Ermittlungen kursieren mehrere Namen. Ihre Träger haben eines gemeinsam: Sie sind fast alle tot. In den meisten Fällen kommt man den Hintermännern auf die Spur.
Wie sind die IS-Zellen in Europa organisiert?
Es gibt unterschiedliche Formen. Die gefährlichste Gruppe: jene Kämpfer, die während der Flüchtlingskrise 2015 mit grob skizzierten Aufträgen nach Mit- teleuropa geschickt wurden. Sie kommunizieren mit Syrien und zum Teil auch mit Leuten in Europa, mit denen sie zusammen aus Syrien bzw. aus dem Irak losgeschickt wurden. Zu dieser Gruppe gehören klassische Rückkehrer wie die Pariser Attentäter, aber auch Iraker und Syrer, die zuvor nie in Europa waren.
Falsche Flüchtlinge, echte Terroristen also?
Genau. Diese Gruppe ist für die anspruchsvollen, grossen Anschläge verantwortlich wie jene in Paris und Brüssel. Auch in Deutschland soll es ähnliche Planungen gegeben haben. Es ist klar:
Diese Gruppe ist besonders dort eine Gefahr, wo es viele Flüchtlinge aus Syrien, dem Irak und Afghanistan gibt. Seit 2015 war das vor allem Deutschland.
Welche Zellen gibt es sonst noch?
Die Hiergebliebenen. Diese Gruppe war nie in Syrien oder im Irak und wird gezielt durch die Social-Media-Teams des IS in Europa rekrutiert. Unter ihnen finden sich auch echte Flüchtlinge, die der IS für seine Sache begeistert. Der Kontakt zum IS ist zum Teil sehr eng, auch weil unsere Behörden personell, rechtlich und technisch nicht in der Lage sind, verschlüsselte Kommunikation zu knacken. Bei der dritten Gruppe besteht gar keine Verbindung zum IS. Die sogenannten einsamen Wölfe handeln von sich aus und kommen tatsächlich nur sehr selten vor, obwohl unsere Behörden immer vor ihnen warnen.
Der IS benutzt Flüchtlinge und Flüchtlingsrouten systematisch für seine Anschlagspläne – ein Umstand, der Europol noch Anfang Jahr in einem Bericht bestritt.
Es sind nachweislich Terroristen unter Flüchtlinge geschleust worden. Der IS hat sogar Späher, die systematisch auskundschaften, welche Routen sich am besten für ISPersonal eignen. Das ist militärisch geplant. Da das seit spätestens 2016 unter Fachleuten bekannt ist, gehe ich davon aus, dass der Grund für die Zurückhaltung der europäischen Polizeibehörde politischer Natur ist. Im Klartext geht es vor allem um Deutschland. Die deutsche Flüchtlingspolitik hat nachweislich zu einer dramatischen Verschlechterung der Sicherheitslage geführt.