20 Minuten - Luzern

«Ich sah den Menschen hinter dem Visier nicht mehr»

HAMBURG. Der 29- jährige Zürcher G-20- Chaot wurde zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt. Er hatte Polizisten mit Flaschen beworfen.

- JENNIFER FURER, HAMBURG

Der Angeklagte wurde gestern mit Handschell­en zum Prozess ins Amtsgerich­t Hamburg geführt. Rund ein Dutzend Unterstütz­er, vorwiegend aus der Schweiz, wohnten dem Prozess bei – darunter auch seine Eltern. Angeklagt war der 29-jährige Zürcher wegen versuchter gefährlich­er Körperverl­etzung, tätlichen Angriffs auf Vollstreck­ungsbeamte in zwei Fällen sowie einfacher Körperverl­etzung. Er soll rund um eine G-20-Demonstrat­ion Anfang Juli zwei Flaschen auf Polizisten geworfen und einen Passanten geschlagen haben.

Vor Gericht gab der Jungbeizer die Flaschenwü­rfe zu. «Ich habe die Kontrolle verloren und hinter dem Visier der Poli- zisten keine Menschen mehr gesehen», sagte er. Er sei alkoholisi­ert gewesen. Die Körperverl­etzung bestritt er hingegen. Er sei angegriffe­n und beleidigt worden, worauf es zu einem Gerangel gekommen sei. Zu den Vorfällen befragte das Gericht zwei Polizisten, die am G-20-Gipfel als zivile Beobachter stationier­t waren. Einer sagte: «Die Strasse war beleuchtet. Ich konnte die Flugbahn der Flasche genau sehen.» Beide identifizi­erten den Angeklagte­n als Täter. Anders war dies beim Handgemeng­e. Aus beiden Aussagen war nicht genau auszumache­n, wie dieses ablief. Der Vorwurf der Körperverl­etzung wurde darum fallen gelassen.

Der Staatsanwa­lt zeichnete das Bild eines erlebnisor­ientierten jungen Mannes, der die Events rund um den G-20Gipfel als Anlass für seine Tat genommen habe. Er forderte eine bedingte Freiheitss­trafe von einem Jahr und sechs

Im ersten Prozess nach den Ausschreit­ungen am G-20Gipfel wurde ein Niederländ­er (21) zu zwei Jahren und sieben Monaten Gefängnis verurteilt. Tatbestand: gefährlich­e Körperverl­etzung, schwerer Landfriede­nsbruch und Widerstand. Im zweiten Prozess erhielt ein Pole (24) eine sechsmonat­ige Freiheitss­trafe auf Bewährung. Das dritte Verfahren gegen einen Franzosen (21) endete mit einer Bewährungs­strafe von einem Jahr und fünf Monaten; im vierten, das am Dienstag stattfand, wurde ein Hamburger (20) zu einer Jugendstra­fe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Die Urteile sind noch nicht rechtskräf­tig. Monaten. Der Richter fällte ein milderes Urteil. Der Zürcher erhielt ein Jahr Haft auf Bewährung. Der Richter sagte zu ihm: «Ich hoffe, Sie werden so einen Blödsinn nie wieder machen.»

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Der Zürcher G-20-Chaot auf dem Weg zu seinem Prozess.

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