«Büezer sollen vor Akademikern in Rente»
BASEL. Laut Professor George Sheldon geht es hiesigen Rentnern gut. Er will das Rentenalter vom Job abhängig machen.
Herr Sheldon, wann wird ein heute 18-Jähriger pensioniert?
Wenn ich das nur wüsste! Ich bin 69 und arbeite ohne Probleme weiter. Personen mit hohem Bildungsstand haben eine höhere Bereitschaft, nach 65 noch zu arbeiten, auch weil geistige Arbeit eher eine persönliche Erfüllung bietet.
Sind Sie etwa für ein unterschiedliches Rentenalter für Akademiker und Büezer?
Ja, Büezer sollten früher in Rente gehen können als Akademiker, denn diese treten oft erst mit 25 Jahren in den Arbeitsmarkt ein und zahlen erst dann entsprechend hohe AHV-Beiträge. Jemand, der in einem hand- werklichen Beruf arbeitet, fängt mit 15 eine Lehre an, arbeitet zehn Jahre länger. Eine Möglichkeit wäre, statt eines Rentenalters eine fixe Anzahl Jahre im Arbeitsmarkt zu definieren, etwa 45. Ein Akademiker würde mit 70 Jahren pensioniert, ein Bauarbeiter mit 60. Das wäre fairer.
Themawechsel: Wie gross ist die Altersarmut in der Schweiz? Ein gutes Mass wäre die Rate der materiellen Entbehrung. Hier fragt man: Was kann eine Person sich leisten? Ferien oder ein Auto? In diesem Index landet die Schweiz hinter Norwegen auf dem zweiten Platz. Nur gut zwei Prozent der Rentner gelten als arm.
Was würde die Altersreform 2020 den Armen bringen?
Manche behaupten, dass diese 70 Franken mehr AHV den Armen helfen würden. Will man aber den zwei Prozent von Armut betroffenen Rentnern helfen, gibt es wirksamere Methoden, als hundert Prozent der Neurentner mehr Geld auszuzahlen.
Wie würden Sie am 24. September abstimmen?
Keine einfache Frage! Die Altersvorsorge finanziell zu sichern, ist das Gebot der Stunde. Hier enttäuscht die Altersvorsorge 2020. Ob aber ein Nein zur Reform die bessere Alternative ist, hängt davon ab, was danach politisch passiert. Das ist aus heutiger Sicht unsicher.