Die AfD jubelt – Merkel verliert, aber
BERLIN. SPD und Union haben bei der Bundestagswahl herbe Verluste erlitten. Die AfD zieht mit zweistelligem Resultat ins Parlament ein.
Angela Merkel kann nach der Bundestagswahl trotz schwerer Verluste Kanzlerin bleiben – aber die Regierungsbildung wird schwierig. Nach ersten Hochrechnungen der TV-Sender bleibt die CDU/CSU mit über 33 Prozent zwar stärkste Kraft, muss aber einen Rekordverlust hinnehmen: Sie verlor über eine Million Wähler an FDP und AfD. Laut einer ARDAnalyse gaben 55 Prozent der Wähler an, Merkel habe «die Sorgen der Menschen nicht ernst genug genommen».
Abgeschlagen auf Platz zwei landen die Sozialdemokraten. Die SPD erzielt mit 20,8 Prozent ihr schlechtestes Bundestagsergebnis aller Zeiten. Weil sie sich nicht klar genug gegen Merkel positioniert habe, so der Vorwurf. Jetzt will die SPD in die Opposition gehen. «Für uns endet heute die grosse Koalition», sagte SPD-Vize Manuela Schwesig am Abend. «Heu- te ist ein schwerer und ein bitterer Tag für die deutsche Sozialdemokratie», sagte Parteichef Martin Schulz.
Besser sieht es für die FDP aus. Nach vier Jahren kehrt sie mit 10,4 Prozent ins Parlament zurück. Die Linke und die Grünen kommen auf 8,7 respektive 9,2 Prozent. Eigentlicher Sieger des Abends ist aber die rechtspopulistische Alternative für Deutschland. Die AfD zieht mit 13,1 Prozent erstmals ins Parlament ein und wird drittstärkste Kraft. AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland machte der künftigen Bundesregierung eine Kampfansage: «Sie kann sich warm anziehen. Wir werden Frau Merkel oder wen auch immer jagen», kündigte er an, «wir werden uns unser Land und unser Volk zurückholen.»
Merkel hingegen sagte, sie wolle die Wähler der AfD zurückgewinnen. Nach acht Jahren Schwarz-Rot mit den Sozialdemokraten und vier Jahren Schwarz-Gelb mit der FDP muss sie nun eine Regierung nach neuem Muster bilden. Rechnerisch möglich ist nach Absage der SPD noch eine «Jamaika-Koalition» (SchwarzGelb-Grün) mit FDP und Grünen, die es so in Deutschland noch nicht gegeben hat. Vor allem zwischen FDP und Grünen gibt es deutliche ideologische Gegensätze. Die ZDF-«HeuteShow» konnte sich einen Seitenhieb nicht verkneifen und twitterte: «Das wird die AfD aber ärgern, dass jetzt ausgerechnet Jamaika kommt.» Der neue Bundestag muss sich binnen 30 Tagen konstituieren. Er wählt den neuen Bundeskanzler. Die neue Regierung soll bis Weihnachten stehen.