Poputschik Das Drama mit dem Handy
Nun ist es also passiert – zum ersten Mal in meinem Leben. Und das ausgerechnet als Reporter während der WM in Russland. Tatort: Fanzone in Rostow, am helllichten Tag, wenige Stunden vor dem Anpfiff Brasilien gegen die Schweiz. Die Band Pegasus steht auf der Bühne und lässt es krachen. Toller Sound, coole Bilder, meine Kamera und ich laufen auf Hochtouren. Dann der Griff in die Hosentasche, rasch auf dem Handy die Uhrzeit checken. Oh Schreck, Handy weg! Einfach verschwunden. Panik. Adrenalin. Verzweiflung.
Was tun? Ausflippen oder in Ohnmacht fallen? Schreien? Weinen? Fluchen? Ein Thriller spielt sich in meinem Kopf ab und überträgt sich auf mein Gesicht. Die Fratze verdient einen Oscar, denn das hat Hollywood noch nicht gesehen. Vergessen Sie den Ausdruck von Brad Pitt in «12 Monkeys». Oder die Mimik von Jack Nicholson in «Shining».
Meine Suche nach dem Telefon entwickelt sich zum Höllentrip. Es ist laut und heiss in der Fanzone und die Stimmung bei den Fans teuflisch gut. Im Delirium schreie ich fremde Leute an: Kannst du bitte meine Nummer wählen? Hundert Versuche: Es klingelt, aber niemand nimmt ab. Erst nach über zwei Stunden dann Entwarnung: endlich ein Mensch am Apparat! Es ist ein Volunteer. Voilà! Ich drücke und küsse den Finder und danke dem Himmel. Mein Handy ist wieder da, und es wird mir klar, dass ich definitiv vom Homo sapiens zum Phono sapiens mutiert bin.