Der Doppel-Adler spaltet die Schweiz
ZÜRICH. Die Doppeladler- Diskussion hat erneut die Frage darüber entfacht, wo sich Secondos heimisch fühlen. Unsere Autorinnen, die Schweiz- Kosovarin Qendresa Llugiqi und die Schweiz- Serbin Monira Djurdjevic, beschreiben ihre Beziehungen zur Schweiz u
Die WM-Jubelgesten von Shaqiri, Xhaka – und Lichtsteiner – lassen die Schweiz nicht mehr los. Über 100000 Teilnehmer einer 20-Minuten-Umfrage halten sie je hälftig für eine Baga- telle oder für einen Skandal. Der Riss geht dabei quer durch Parteien und sogar die Wissenschaft. Heute dürfte die Fifa entscheiden, ob und wie lange das Trio gesperrt wird.
«Ich kam in Kosovo auf die Welt und lebe seit meinem 4. Lebensjahr in der Schweiz. Heimat bedeutet für mich Zugehörigkeit. Es ist der Ort, wo man aufgewachsen ist, sich geborgen und verstanden fühlt. Ich sehe es so: Kosovo ist für mich wie die Mutter für ein Neugeborenes. Der erste Kontakt, die erste Liebe. Die Schweiz ist wie ein Vater: Im Austausch lernen sowohl er als auch das Baby, sich zu lieben, und das Baby weiss, dass es auch dort geborgen und willkommen ist. Vielleicht hat man einen Elternteil lieber, aber man wird nie zwischen ihnen entscheiden können. Es ist schade, dass der hart verdiente Sieg der Schweizer Nati in den Hintergrund gerät. Stattdessen im Fokus: der Doppeladler. Ich wusste, es wird Konsequenzen haben. Klar ist: Für Albaner ist der Doppeladler ein Zeichen der Zugehörigkeit, für andere eine Provokation. Da diese Diskussion endlos ist und egal, was man sagt, falsch ist, werde ich mich nicht weiter dazu äussern.»
Monira Djurdjevic (32)
«Für mich ist Heimat dort, wo ich mich wohl, geborgen und zugehörig fühle – wo ich mich mit den Werten, der Kultur und den Menschen identifizieren kann. Es ist schwierig, das Wort ‹Heimat› zu definieren, es ist mehr ein subjektives Gefühl und daher individuell. Meine Heimat ist die Schweiz – auch wenn meine Eltern ursprünglich aus Serbien stammen. Weder kann ich mich mit Serbien identifizieren noch habe ich einen emotionalen Bezug zu dem Land. Ich kann es aber verstehen, wenn Menschen nicht nur eine Heimat haben.
Trotzdem kritisiere ich das Verhalten der beiden Spieler. Nicht, weil sie auf ihre kosovarisch-albanischen Wurzeln stolz sind, sondern weil sie ihre Herkunft auf dem Fussballfeld hervorheben müssen – und das in einer momentan angespannten Situation. Xhaka und Shaqiri hätten wissen müssen, was diese Geste auslösen wird. Es gibt andere Möglichkeiten, zu jubeln – auch wenn Emotionen überschwappen.»