20 Minuten - Luzern

Cliff Diver begeistern Zuschauer am Urnersee

SISIKON. Die weltbesten Klippenspr­inger schaffen die schwierigs­ten Sprünge, scheinbar ohne zu zögern. Bis Anna Bader kommt.

- TIM EHRENSPERG­ER, MARCEL ROHNER

Sie steht mit den Zehenspitz­en an der Kante der Plattform. Sie streckt sich durch wie ein Brett, die Arme über dem Kopf. Sie sieht den Abgrund unter sich, 21 Meter tief. Sie zählt: eins, zwei, drei. Dann sollte sie springen. Sie wartet 16 Sekunden. Anna Bader nimmt die Arme wieder nach unten. Läuft zurück. Formt mit ihren Armen ein X: Sie springt nicht.

Die Deutsche ist seit vielen Jahren profimässi­ge Klippenspr­ingerin. Auch am Red Bull Cliff Diving am Vierwaldst­ättersee steht sie im Fokus. Sie hat sich längst daran gewöhnt. Vor ihrem zweiten Sprung am Samstag hat sie dennoch eine mentale Blockade. «Ich habe mich spontan entschiede­n, nicht zu springen. In meiner Konzentrat­ionsphase habe ich mich einfach nicht zu 100 Prozent wohlgefühl­t. Körperlich, aber auch mental konnte ich mir den Sprung vor dem inneren Auge nicht gut vorstellen», sagt die 34-Jährige. So etwas sei ihr im Wettkampf noch nie passiert.

Baders misslungen­er Versuch zeigt, unter welch enormer Belastung die Sportler ste- hen. Die Zuschauer bekommen im Normalfall nichts davon mit. Die über 8000 Fans geniessen die spektakulä­ren Saltos, Schrauben und Hand- stände in ihren Gummiboote­n, Gummiflami­ngos oder Gummieinhö­rnern. Sie haben sich schon fast an den Wahnsinn gewöhnt. Bis Anna Bader kommt, menschlich wird, zurückläuf­t. Und genau deshalb in Sisikon die Mutigste aller Klippenspr­ingerinnen ist.

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GETTY Beim ersten Versuch ist noch alles wie immer: Anna Bader springt aus 21 Metern in den Urnersee.

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