Heizt diese Hitzewelle die Klima-Debatte an?
ZÜRICH. Steigende Meeresspiegel und Dürren vertreiben Menschen aus ihrer Heimat. Zahlen zu « Klimaflüchtlingen » sehen Experten aber skeptisch.
Seit Wochen ist es heiss und trocken: Fische sterben, Bauern jammern – und wenns mal regnet, sind oft Überschwemmungen und Murgänge die Folgen. Diese Hitzewelle gibt zu reden, und das extreme Wetter heizt die Diskussionen um die Klimaerwärmung an. Wir haben bei Politikern und Bürgern nachgefragt, ob dieser Sommer ihre Haltung zum Klimawandel beeinflusse.
Immer eindringlicher warnen verschiedene Institutionen vor einem Anstieg klimabedingter Migration. Die Weltbank befürchtet etwa, es könnte bis 2050 mehr als 140 Millionen sogenannter Klimaflüchtlinge aus Lateinamerika, Südasien und dem südlichen Afrika geben. Viele Wissenschaftler sehen derart konkrete Voraussagen allerdings skeptisch.
«Dass der Klimawandel zu Migration führt, ist unumstritten. Mit solchen Zahlen wäre ich aber vorsichtig», sagt Tobias Ide vom Georg-Eckert-Institut zu 20 Minuten. Der Begriff «Klimaflüchtling» sei problematisch, da sich Migrationsursachen nur schwer voneinander abgrenzen liessen. Zudem hätten viele Menschen, die besonders vom Klimawandel betroffen seien, nicht die Ressourcen zur Flucht, sodass Naturkatastrophen die Migration sogar verringern könnten. Ein Grossteil der Migranten bewege sich ausserdem innerhalb des eigenen Herkunftslands, betont Christiane Fröhlich vom Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien (Giga).
«Die Menschen werden weiter wegen politischer Diskriminierung oder Armut nach Europa kommen», sagt Ide. Der Klimawandel könne diese Gründe verstärken, werde aber nicht die Hauptursache sein. Studien wie die der Weltbank würden das Thema Klimawandel zwar weiter ins Bewusstsein der Öffentlichkeit rücken, sind sich beide Experten einig. Allerdings dienten solche Zahlen oft auch dazu, «eine Abschottungspolitik gegenüber Migranten zu legitimieren», gibt Fröhlich zu bedenken.