Hygiene: Spital schafft den Händedruck ab
MURI AG. Im Spital Muri geben Ärzte die Hand nicht mehr. Sinnvoll, meint ein Experte. Andere Spitäler halten am Händeschütteln fest.
Im Spital Muri AG reichen die Ärzte ihren Patienten die Hand nicht mehr. Mit der Massnahme will das Krankenhaus die Ansteckungsgefahr minimieren. Während etwa Immunologe Beda Stadler die Massnahme im Kampf gegen gefährliche Spitalinfektionen begrüsst, halten grössere Krankenhäuser am Händedruck fest: Er sei «in unserer Kultur fest verankert».
Das Spital Muri ruft seit März dazu auf, den Handschlag zwischen Arzt und Patient zu unterlassen. Laut der WHO würden rund 80 Prozent aller Infektionskrankheiten über die Hände weitergegeben, heisst es in einer Information an die Patienten. Darum gelte das Motto «Lächeln statt Händedruck».
Die Aktion sei ins Leben gerufen worden, weil Patienten mit sehr unterschiedlichen Erkrankungen behandelt würden und deshalb spezielle Vorsicht gelte, sagt Sprecherin Martina Wagner. Gemäss einem Bericht des BAG ziehen sich jährlich rund 70 000 Patienten eine Infektion mit Spitalkeimen zu, etwa 2000 sterben daran. Die Reaktionen auf «Lächeln statt Händedruck» seien überwiegend positiv, sagt Wagner. Auch der Immunologe Beda Stadler findet die Aktion des Spitals sinnvoll, weil dort das Krankheitsrisiko hoch sei (siehe Interview).
Laut Daniel Koch vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) ist der Fall des Spitals Muri ein Novum. Dem BAG sei keine entsprechende Richtlinie bekannt. Auf den Handschlag zu verzichten, sei nicht falsch, aber kein Wundermittel. «Der grösste Teil der Krankheitsübertragungen passiert bei der Pflege, nicht bei der Begrüssung.»
Grössere Spitäler halten denn auch am Händedruck fest. Stefan Kuster vom Univer- sitätsspital Zürich (USZ): «Er ist eine Form der Kontaktaufnahme und des gegenseitigen Respekts.» Am USZ bestehe deshalb kein solches Verbot. Stattdessen würden die Hände vor und nach jedem Patientenkontakt desinfiziert. Die WHO teilt mit, dass es keine Studie gebe, die sich gezielt mit dem Händeschütteln auseinandersetze. Man empfehle, die Handhygiene «in Übereinstimmung mit der lokalen Kultur zu regeln».