Trotz Einigung: Darum ist die Offensive auf Idlib nicht vom Tisch
MOSKAU. Russland und die Türkei haben die Grossoffensive auf Idlib abgeblasen. Worauf läuft das jetzt hinaus?
Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdogan haben sich geeinigt: Um die Region Idlib soll ein demilitarisierter Streifen eingerichtet werden. Einen Angriff auf die Rebellenhochburg schloss der russische Verteidigungsminister aus. Grosses Aufatmen – oder kommt das dicke Ende doch noch? Antworten von Nahostexperte Guido Steinberg.
Die Offensive sei vom Tisch, sagt Putin. Glauben Sie das? Nein. Denn es ist ein wichtiges Ziel des syrischen Regimes und seiner Verbündeten, die Rebellenhochburg einzunehmen. So ist die Offensive wohl nur aufgeschoben oder unterteilt. «Demilitarisierte Zone», was heisst das genau? Eine Ausweitung der bereits bestehenden türkischen Beobachtungsposten auf einen Streifen. Bewaffnete Kämpfer müssten die Zone verlassen. Ist das machbar?
Es ist schwer vorstellbar, wie das praktisch aussehen soll. Stimmt die einstige NusraFront, die heutige Hay’at Tahrir alSham (HTS), der Einrichtung einer solchen Pufferzone nicht zu, wird es sehr schwierig, sie dazu zu zwingen.
Warum fürchtet die Türkei diese jihadistischen Extremisten nicht stärker?
Die Türkei scheint in diesen Gruppierungen tatsächlich keine Gefahr zu sehen. Ich halte das für einen Fehler. Immerhin unterscheidet sich die HTS kaum vom «Islamischen Staat». Die Unterstützung der Türkei für Jihadisten im Nachbarland war immer kurzsichtig. Sie erklärt sich daraus, dass es eine gewisse ideologische Übereinstimmung zwischen Teilen der neuen politischen Elite der Türkei und diesen Jihadisten gibt.