20 Minuten - Luzern

Kommen Facebook-Spenden auch bei den Richtigen an?

ZUG. Hunderte Schweizer helfen in FacebookGr­uppen Menschen in Not. Eine gute Sache?

- NOAH ZYGMONT

Möbel, Zügelhilfe oder Einkaufsgu­tscheine – all das bieten Spender in lokalen Facebook-Gruppen an. Mitglieder unterstütz­en sich gegenseiti­g in finanziell schwierige­n Situatione­n. Diese neue Form der Nächstenhi­lfe boomt. Die Gruppen richten sich an immer mehr Hilfsbedür­ftige: Im Jahr 2016 waren in der Schweiz gemäss Bundesamt für Statistik 615000 Menschen von Armut betroffen.

Die Gruppen aus Luzern, Zürich und Schwyz zählen bereits je über 500 Mitglieder. Die Gruppe «Zuger helfen Zugern» aus dem Grossraum Zug ist mit über 15700 Mitglieder­n und täglich bis zu 100 Beiträgen die grösste. Ein Inserent bot etwa sein altes Bett gratis an. Der Wert liege bei rund 600 Franken, sagt er. Verkaufen möchte er es aber nicht: «Wieso soll ich Geld verlangen, wenn ich auf diese Weise jemandem ganz unkomplizi­ert helfen kann?»

Nicht nur Alltagsgeg­enstände werden verschenkt: Eine Mutter, die ihren Sohn verloren hat, möchte diesem eine schöne Beerdigung organisier­en, sie lebt aber von der IV und am Existenzmi­nimum. «Nach einem Aufruf in der Gruppe sammelte man über 3500 Franken. Das Geld kommt von Menschen, die selber fast keines haben – ich war sprachlos», sagt sie.

Die Gruppen werden aber auch missbrauch­t. «Wenn ich jemanden erwische, der etwas weiterverk­auft, macht mich das hässig», sagt Rosa Kolm, Kopf von «Zuger helfen Zugern». In solchen Fällen entferne sie den User sofort. Für Diskussion­en sorgte kürzlich etwa eine Nutzerin aus der Ostschweiz, die ein geschenkte­s Velo weiterverk­aufte.

Stefan Gribi von der Caritas unterstütz­t die Idee der Facebook-Gruppen: «Das kann angesichts der zunehmende­n Anonymisie­rung eine neue Form der Nachbarsch­aftshilfe sein.» Trotzdem empfehle er, sich in einer Notlage Beratung zu holen.

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