20 Minuten - Luzern

Die Streber von Alt-J besorgen sich ein Bad-Boy-Kostüm

Die britischen Nerds jagen ihre Songs durch den Fleischwol­f und haben plötzlich Swag.

- NEIL WERNDLI

Alt-J sind alles ausser sexy. Das nasale Falsett von Sänger Joe Newman klingt häufig nach Knabenchor, die orientalis­chen Samples lösen Assoziatio­nen zur World-Music aus, und die sphärische­n Flächen sprechen eher Radiohead-Nerds als Partytiger im Club an. Auf dem neuen Album «Reduxer», quasi eine Neuauflage des Vorgängers «Relaxer» (2017), borgen sich die Briten nun die Coolness von Rappern und Soundtüftl­ern aus allen musikalisc­hen Himmelsric­htungen.

Der Begriff Remix-Album wird «Reduxer» nicht ganz gerecht: Die neuen Versionen basieren auf alten Aufnahmen, die aber auf den Kopf gestellt werden. Im Zentrum stehen die neuen Stimmen, die Alt-J wie ein völlig anderer Act klingen lassen. Pusha-T übernimmt den Lead in «In Cold Blood», der Franzose Lomepal gibt «3WW» einen souligen Twist und mit Kontra K ist auch ein deutscher Rapper mit an Bord. Jeder von ihnen hat mehr Attitüde im kleinen Finger als die gesamte Alt-J-Besetzung zusammen. Frontmann Newman streut nur vereinzelt seine ursprüngli­chen Zeilen ein, damit man die Songs überhaupt noch erkennt. Statt Klacker-Percus- sion hört man Trap-Beats statt nebliger Gitarren 808-Bässe, statt eines jaulenden Hundes Hip-Hop-Swag.

Mit «Reduxer» sprechen Alt-J eine völlig neue Zielgruppe an und fordern ihre Fan-Base heraus. Das Umstyling der Songs lässt die Streber fast schon aussehen wie Bad Boys, und das kann einer Band, die sich im Kunststudi­um kennen gelernt hat, grundsätzl­ich nie schaden.

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CHEEK PRESS Alt-J sprechen mit «Reduxer» eine völlig neue Zielgruppe an und fordern ihre Fans heraus.

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